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„Verlieren zu viele Schüler auf Bildungsweg“


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Minister Faßmann im Interview

Digitalisierung, Facharbeitermangel und Migration sind die derzeit alles beherrschenden Themen in Gesellschaft und Wirtschaft. Diese Bereiche werden wohl auch die nächste Generation beschäftigen. Der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung, Prof. Heinz Faßmann, erklärt im Gespräch mit Chefredakteurin Marie-Theres Ehrendorff, wie er das heimische Bildungssystem zukunftsfit machen will.

Herr Bundesminister, alle Ihre Vorgänger sind an einer grundlegenden Reform des Bildungssystem gescheitert. Ist die Zeit jetzt reif dafür?

Jede Zeit hat ihre Reformen und jede Ministerin, jeder Minister versucht in der jeweiligen Amtszeit, Neues auf den Weg zu bringen. Dies geschieht mit der ehrlichen Ambition, bestimmte Ziele zu erreichen. Manchmal gelingt dies, manchmal weniger und manchmal sind auch die Ziele politisch nicht mehrheitsfähig. Mit dem vor Kurzem präsentierten Pädagogik-Paket wollen wir auch bestimmte Ziele erreichen, nämlich Schüler und Schülerinnen bestmöglich zu fördern und die Akzeptanz des Bildungssystems insgesamt zu steigern. Wir investieren viel in das Bildungssystems und es soll auch der entsprechende Ertrag sichtbar werden. Es geht mir dabei nicht um bildungspolitischen Revanchismus oder ein zwangsweises „Alles-muss-anders-werden“, sondern um ein Reagieren auf erkennbare Schwächen.

Die Wirtschaft beklagt das ungenügende Bildungsniveau der angehen- den Lehrlinge. Haben Sie einen Plan, um möglichst rasch Abhilfe zu schaffen?

Sie sprechen damit eine der erkennbaren Schwächen an. Wir verlieren zu viele Schüler und Schülerinnen auf ihrem Bildungs- weg. Sie schließen ab und erreichen nicht die nachgefragten Qualifikationen oder sie schließen die Pflichtschulzeit gar nicht ab. Wir werden daher die Möglichkeit schaffen, ein zehntes Schuljahr freiwillig an die bereits absolvierten neun Pflichtschuljahre anzuhängen. Darüber hinaus sind wir in laufenden Gesprächen mit Vertretern der Wirtschaft, um Wege zu finden, mögliche Qualifikationsdefizite auszugleichen und insgesamt die Attraktivität der dualen Ausbildung zu erhöhen. Die Lehre muss jedenfalls an Attraktivität gewinnen und das Bewusstsein für den hohen Wert einer soliden Berufsausbildung gestärkt werden. Maßnahmen wie Lehre mit Matura oder Forcierung von Erasmus-Auf- enthalt für Lehrlinge können dazu dienen.

Eine Neuregelung der Bildungswegentscheidung steht auf Ihrer Agenda. Was kann man sich darunter vorstellen?

Das BMBWF entwickelt derzeit sogenannte Talentechecks, die in der dritten und siebenten Schulstufe eingeführt werden. Sie sollen präzisere Aussagen über Potenziale und Talente der Kinder erlauben und Grundlage für die weiteren Schullaufbahnentscheidungen sein. Also weg von einer punktuellen Beurteilung der Kinder, hin zu einem breiteren Prozess. Wenn die Bildungswegentscheidung in Zukunft nicht mehr allein von der Zeugnisnote, sondern auch von anderen Faktoren abhängt, nimmt man auch den beurteilenden Lehrern und Lehrerinnen viel Druck.

Sie haben vor Kurzem „PISA-Vorzugsschüler“ Singapur besucht. Was können wir uns von den Asiaten ab- schauen?

Singapur kann sicher ein Vorbild sein, wenn es um den Einsatz digitaler Technologien oder um digitale Lernmethoden geht. Da haben wir bestimmt noch Aufholbedarf. Ich muss aber sofort hinzufügen, dass es auch in Österreich viele Schulen gibt, die in Sachen Digitalisierung ausgezeichnet unterwegs sind. Ich war unlängst in einer NMS in Zwettl und bin begeistert nach Hause gefahren. In Singapur haben wir aber auch die Schattenseite des Systems kennengelernt. Vom Druck, den Eltern auf ihre Kinder aus- üben, sind wir in Österreich weit entfernt.

Digitale Kompetenzen sind heute und in der Welt von morgen nicht wegzudenken. Werden Sie jener Unterrichtsminister sein, der das Lehrbuch abschafft?

Nein, mit Sicherheit nicht. Was es meines Erachtens geben soll, ist eine neue Aufgabenteilung zwischen dem Digitalen und dem Schulbuch. Manches wird zukünftig mit Smartphone oder Tablet erlernt werden, anderes mittels Schulbüchern. Die grundlegen- den Lehr- und Lerninhalte werden im Schulbuch zu finden sein, die aktuelle und multimediale Ergänzung in der digitalen Welt.

Das gesamte Interview finden Sie in der Ausgabe Oktober/18.

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