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Österreich ist „overbanked“


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Bereits 2013 stellte der IWF fest: In Österreich, insbesondere in Wien und Salzburg, gibt es zu viele Banken, was der Profitabilität der Institute schadet. Daher sei es „notwendig“, vor allem mittelgroße Banken umzustrukturieren. Der FinTech-Wandel ist für Institute Chance und Herausforderung zugleich.

Von Christian Wieselmayer

Geändert hat sich an der Situation seit dem Bericht des IWF bislang nicht viel. Die Dichte an Geldinstituten in Österreich ist heute noch immer so hoch wie in fast keinem anderen europäischen Land. Nach Einschätzung der Österreichischen Nationalbank (OeNB) gab es Ende des vergangenen Jahres 672 Banken mit rund 3.900 Zweigstellen und fast 75.000 Mitarbeitern. Diese hohe Bankendichte hängt mit der starken Ausrichtung des Kreditwesens auf Genossenschaften und Sparkassen zusammen. Das führt zu hohen Kosten für die Geldinstitute. Durch Fusionen und andere Strukturanpassungen seit dem Jahr 2008 ist die Anzahl der Kreditinstitute zwar um fast ein Viertel gesunken. Bei den Filialen hat sich das bisher aber kaum niedergeschlagen. So schrumpfte deren Filialnetz im gleichen Zeitraum um nur sechs Prozent, wenngleich es in den zurückliegenden fünf Jahren eine Beschleunigung gab. In Österreich kommen nach Statistiken der EZB 2.100 Einwohner auf eine Bankfiliale, in Deutschland sind es immerhin 2.400, jedoch meilenweit entfernt von den Finnen mit 5.200 oder den Niederländern, die gar auf 9.600 Einwohner je Bankstandort kommen. Auf Bankmitarbeiter umgelegt heißt das: In Österreich bedient ein Bankmitarbeiter im Schnitt 118 Einwohner, in Deutschland sind es 126, in Italien 203 und in Finnland knapp 250. Über Zielgrößen für Österreich äußert sich die OeNB zwar nicht, jedoch sei die Zahl der Beschäftigten in der österreichischen Bankenlandschaft „ziemlich hoch“. Feststeht, dass das Verhältnis zwischen Kosten und Erträgen sinken muss, die Geldinstitute müssen profitabler werden, wie neben der Nationalbank auch führende Fachleute fordern: Mittelfristig müsse eine durchschnittliche Geschäftsbank für jeden verdienten Euro weniger als 50 Cent ausgeben, heute sind es noch 67 Cent.

FinTech-Unternehmensorgen für Umbrüche

Franz Hahn, auf Bankenforschung spezialisierter Ökonom im Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO), sieht das Problem in hohen Personalkosten, hinter denen überkommene Statuten der Branche stecken mit großzügigen Arbeitnehmerrechten und kostspieligen Aufwendungen in Informationstechnik, schreibt Michaela Seiser, Wirtschaftskorrespondentin der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ für Österreich und Ungarn mit Sitz in Wien. Hahn weist darauf hin, dass viel zu spät mit der Bereinigung begonnen wurde. Ein Grund dafür sei die Osterweiterung der EU gewesen. Mittlerweile aber formt die weltweit rasch wachsende Gruppe von jungen, innovativen Finanztechnologie-Unternehmen (FinTechs) die klassische Finanzbranche. Rund 83 Prozent der etablierten Finanzdienstleister befürchten den Verlust von Teilen ihres Geschäfts an FinTech-Unternehmen. Bei den Banken beläuft sich dieser Anteil sogar auf 95 Prozent, so die Studie „Blurred Lines: How FinTech is shaping Financial Services“. „FinTech bedeutet einen Paradigmenwechsel. Die herkömmlichen Vermittlerrollen werden obsolet“, erklärt Dieter Harreither, Partner und Leiter Technology Consulting bei PwC Österreich. „Finanzdienstleistungs-Unternehmen agierten bisher als Vermittler im Finanzsystem und erbrachten für ihre Kunden wertvolle Dienstleistungen. Nun jedoch wird ihre Rolle von neuen technologiebasierten Geschäftsmodellen übernommen“, sagt Harreither. Ingrid Straßer, Executive Director und Leitung der UBS Niederlassung Salzburg, meint dazu: „Bei den FinTechs gilt es zunächst zu unterscheiden zwischen jenen FinTechs, die ein bestehendes Angebot weiterentwickeln, und jenen, die ein neues Dienstleistungsangebot schaffen. Die meisten FinTech-Start-ups wollen neue Marktchancen durch neue Angebote erschließen, haben aber keinen skalierbaren Zugang zu Kunden und häufig geringe Erfahrung mit regulatorischen Hürden. Vorauszusagen, wo und wann neue Technologien und Mitbewerber hinzukommen werden, ist daher äußerst schwierig. Auch unsere Kunden erwarten in einer digitalen Welt einen einfachen Zugang zu Informationen mit personalisierter Unterstützung. Nur wem der Spagat gelingt, die technischen Möglichkeiten intelligent zu nutzen und dies gleichzeitig mit den bestehenden Stärken zu kombinieren, kann seinen Kunden auch künftig ein wettbewerbsfähiges Leistungsspektrum bieten. Deshalb setzt UBS auf ein hybrides Beratungsmodell, das heißt auf ein effizientes Zusammenspiel von Mensch und Maschine.“

Banken stehen vorgroßen Herausforderungen

Banken müssen sich aus Sicht der EU-Bankenbehörde EBA anstrengen, um im Wettbewerb mit neuen Anbietern von digitalen Finanzdiensten nicht zu verlieren. Vor allem für große und komplexe Institute sei dies eine Herausforderung. Auch finanzkräftige globale Technologiekonzerne wie Google und Amazon könnten künftig zu Konkurrenten für Banken werden. Noch werde mit vielen FinTech-Firmen kooperiert, aber aufgrund der technologischen Veränderungen wachse der Wettbewerb. So hat die Finanzmarktaufsicht (FMA) Anfang dieses Sommers zum ersten Mal eine FMA-Lizenz an ein FinTech-Unternehmen in Österreich vergeben. Christoph Paulweber, Generaldirektor der Salzburger Sparkasse, sagt dazu, dass die Filialstruktur zwar immer wieder genau analysiert werden müsse, aber Filialen werde es weiterhin benötigen: „Zahlungsverkehr und schnelle Bankgeschäfte werden gerne von zu Hause online erledigt, aber wenn es um größere Dinge geht – wie sich ein Eigenheim zu schaffen oder finanzielle Vorsorge zu treffen – dann wollen die Menschen Beratungsgespräche und einen Berater, dem sie vertrauen.

Den gesamten Artikel finden Sie in der Ausgabe Oktober/18.

 

Foto: iStock.com/assalve

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