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Tiergestützte Therapie, Kinderbetreuung oder Beschäftigung für Menschen mit besonderen Bedürfnissen – Green-Care-zertifizierte Bauernhöfe werden immer öfter zum Partner von Sozial- und Gesundheitseinrichtungen.
Von Ursula Rischanek
Das bewusste Erleben der Natur, der Umgang mit Tieren und die Ruhe – all das macht den Bauernhof für viele Menschen so attraktiv. Das Vorhaben „Green Care – Wo Menschen aufblühen“ führt den Aufenthalt auf einem aktiven land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb in eine weitere Dimension und vertieft die Interaktion Mensch, Tier und Natur. „Green Care ist ein neues, innovatives Projekt, bei dem die soziale Komponente noch stärker in die Land- und Forstwirtschaft integriert werden soll“, beschreibt Nicole Prop, Geschäftsführerin des Vereins Green Care Österreich. Der Verein bildet gemeinsam mit den neun Landwirtschaftskammern das Kompetenznetzwerk für die Entwicklung und Umsetzung von innovativen Green-Care-Dienstleistungen auf aktiven bäuerlichen Familienbetrieben. Die Ressource Bauernhof wird somit für innovative soziale Dienstleistungen in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Pflege und Betreuung sowie Arbeit und Beschäftigung genutzt, um je nach Kontext gesundheitsfördernde, pädagogische oder soziale Ziele für unterschiedliche Zielgruppen zu verfolgen. „Natürlich gibt es die Interaktion Mensch, Tier und Natur überall. Aber ein Bauernhof bietet dafür optimale Rahmenbedingungen“, sagt Prop. Das Spektrum der Dienstleistungen ist vielfältig: Es reicht von der tiergestützten Intervention über Tagesstrukturen für Menschen mit Behinderung oder für Senioren bis zum Bauernhofkindergarten oder Auszeithöfen für burnoutgefährdete Personen. Eines ist Prop in diesem Zusammenhang wichtig zu betonen: „Green Care ist keine Konkurrenz zu Sozialeinrichtungen, sondern eine Ergänzung, die die soziale Kompetenz in der Landwirtschaft stärkt.“ Angeboten werden diese Dienstleistungen oft in Kooperation mit anerkannten Trägern wie der Caritas, Jugend am Werk oder auch Kliniken. Die Landwirte stellen die Infrastruktur – von den Räumlichkeiten über die Tiere bis zu ihren landwirtschaftlichen und/oder sozialen Leistungen – zur Verfügung. „Viele Bäuerinnen in Österreich verfügen über Qualifikationen aus dem Bildungs- und Sozialbereich, die sie mithilfe von Green Care auf dem eigenen Hof einsetzen können“, sagt Prop. Zusätzlich gibt es eine Reihe an Fort-und Weiterbildungen, die Kompetenzen vermitteln, um die Ressourcen eines Bauernhofes (z.B. Tiere, Gärten oder den Wald) für soziale Dienstleistungen einsetzen zu können.
Tiergestützte Therapie
Wie Doris Gilli aus Eggenburg in Niederösterreich. Seit zehn Jahren bietet Gilli, die unter anderem über eine Ausbildung als Lebens- und Sozialberaterin sowie Fachkraft für tiergestützte Therapie verfügt und jetzt die Ausbildung zur Psychotherapeutin absolviert, in Kooperation mit dem Psychosomatischen Zentrum Eggenburg tiergestützte Therapie für Traumatisierte und Patienten mit Persönlichkeitsstörungen an. „Seit damals arbeiten wir mit Green Care zusammen“, sagt Gilli. Basis für die Kooperation ist ein Konzept, das auf nonverbaler Kommunikation mit Pferden beruht. Menschen, die aufgrund traumatischer Erlebnisse oft große Schwierigkeiten haben, zwischenmenschliche Kontakte herzustellen, erleben am Hof im Umgang mit den Tieren wieder Zuwendung, Vertrauen und Freude. Die achtsamkeits- und prozessorientierte Betreuung erfolgt während zehn Einheiten in Kleingruppen von vier Personen, die jeweils ein Bezugspferd zugeteilt bekommen. Aber auch Hängebauchschweine und Kaninchen leben am Hof. Dieser wurde nun im Rahmen der Übergabe an Tochter Romana, unter anderem ausgebildete Kindergartenpädagogin und Psychotherapeutin in Ausbildung, als einer von derzeit (Stand September 2018) österreichweit 36 Green-Care-Höfen zertifiziert. „Bis Ende 2018 sollen es 45 sein“, sagt Prop.
Anlass zur Neuorientierung
„Die Übergabe an die nächste Generation ist oft Anlass für eine Neuorientierung in Richtung Green Care“, erzählt Prop. Zu diesem Zeitpunkt stellt sich oft die Frage, ob der Hof weiterbetrieben oder doch lieber aufgelassen werden sollte. „Green Care hilft den Landwirten, ein zusätzliches Einkommensstandbein aufzubauen und die Höfe zu erhalten“, sagt die Geschäftsführerin von Green Care Österreich. Denn der globale Wettbewerb stellt die Land-und Forstwirtschaft vor große Herausforderungen. Seit 2003 stellen rund 2400 Landwirte jährlich den Betrieb auf ihren Höfen ein oder entschließen sich zum Verkauf oder zur Verpachtung. „Die Zahl der Nebenerwerbsbetriebe steigt stetig“, sagt Prop. Durch den Ausbau von Green Care-Angeboten im ländlichen Raum könnten aber nicht nur die land- und forstwirtschaftliche Betriebe gestärkt werden, sondern auch die jeweiligen Regionen profitieren. „Es entstehen zum einen neue Arbeitsplätze in den jeweiligen Betrieben, möglicherweise aber auch in deren Umfeld“, erklärt Prop. Parallel dazu würden neue, dezentrale und flexible Betreuungsangebote, beispielsweise für Kinder und ältere Menschen, die als Grundvoraussetzung für die Erwerbstätigkeit vor allem der Frauen im ländlichen Raum gesehen werden können, entstehen. Dadurch trägt Green Care dazu bei, die Abwanderung einzubremsen. „Prognosen gehen davon aus, dass bis 2030 rund 11,5 Prozent der ländlichen Bevölkerung abwandern wird“, sagt Prop.
Den gesamten Artikel finden Sie in der Ausgabe Oktober/18.
Foto: Popp – Hackner
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