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Rund zwei Monate nach den Wahlen in der Türkei ist die türkische Wirtschaft in starke Turbulenzen geraten und die Lira im freien Fall. Zu all dem spitzt sich ein offener Handelsstreit zwischen Ankara und Washington zu. Welche Auswirkungen hat das auf steirische Unternehmen, die nach der Wiedereinführung der Iran-Sanktionen einen weiteren wichtigen Markt in der Region verlieren könnten?
Von Stefan Rothbart
Das geopolitische Engagement der Türkei im Syrien-Krieg, die Verbindungen zu Russland und die problematische innenpolitische Entwicklung hat in den letzten Monaten zu einem ernsten Konflikt zwischen den NATO-Partnern USA und Türkei geführt, der sich nun zu einem Handels- und Wirtschaftskrieg ausweitet. US-Präsident Trump hat erst kürzlich mit Strafzöllen auf Stahl und Aluminium die Wirtschaftskrise in der Türkei weiter angeheizt. Ankara droht nun mit dem Ende des Bündnisses. All dies hat die Türkische Lira in den letzten Wochen auf Talfahrt geschickt und dies wird auch Auswirkungen auf den europäischen Markt haben. Die Deutsche Bundesbank hat bereits gewarnt, dass deutsche Banken mit 21 Milliarden Euro in der Türkei engagiert sind (in Griechenland sind es nur 19,7 Milliarden Euro). Zwar räumt man ein, dass derzeit noch keine ernste Gefahr bestünde, doch die heimischen Märkte sollten wachsam sein.
Wie sich die Situation für steirische Unternehmen entwickeln könnte, hat der Außenwirtschaftsexperte der WKO Steiermark Georg Karabaczek, Anfang August erläutert. Ihm zufolge ist die politische Entwicklung in der Türkei derzeit schwer abschätzbar. Trotz der durch die neue Verfassung ausgeweiteten Befugnisse von Präsident Erdogan sei fraglich, ob die notwendigen wirtschaftlichen Reformen in Angriff genommen werden.
Zudem sei die türkische Wirtschaft die letzten Jahre überbewertet gewesen. Hohe Staatsausgaben für Investitionen und Wirtschaftssubventionen haben die Inlandsnachfrage angekurbelt und ein, so Karabaczek, überhitztes Wirtschaftswachstum von zuletzt sieben Prozent für 2017 erzeugt. Laut Weltbank sei aber nur ein Wachstum von 4,5 Prozent als nachhaltig zu betrachten.
Trotz der aktuellen Schieflage ist das Wachstum für die Türkei in den nächsten Jahren allerdings recht positiv. Belastend könnten sich laut Karabaczek allerdings die negative Leistungsbilanz, die hohe Inflations- und Arbeitslosenrate sowie geringe Sparquote und die hohe Auslandsverschuldung der privaten Unternehmen auswirken. Zudem würden in der Bildungspolitik entsprechende zukunftsweisende Ansätze fehlen.
Für heimische Unternehmen ist der Neueinstieg in den türkischen Markt derzeit also mit Vorsicht zu sehen. Potenziale gäbe es etwa in der Baubranche, im Anlagenbau und im Energiesektor. Jedoch sind gerade in jenen Branchen Unternehmen zunehmend in Bedrängnis und Zahlungsausfälle häufen sich. Für heimische Unternehmen empfiehlt sich daher, entsprechend abgesicherte Zahlungsmodalitäten zu vereinbaren.
Die Steiermark ist dabei sehr stark mit Unternehmen in der Türkei vertreten. 2017 konnte ein Exportplus in die Türkei von 30,2 Prozent erzielt werden, was einem Volumen von 208 Millionen Euro entspricht. Die Importe beliefen sich auf 168 Millionen Euro.
Widerstand gegen Erdogan:
Die Krise in der Türkei könnte sich aber noch zuspitzen, denn der Verfall der türkischen Währung bringt die Wirtschaft an den Rand einer echten Krise und Präsident Erdogan in innenpolitische Schwierigkeiten. Zudem ist die Türkei militärisch noch immer in Syrien engagiert, sympathisiert offen mit Russland und stellt sich in der Nahost-Politik auch immer öfter gegen den NATO-Partner USA. Hintergrund des Streits ist zu einem Teil auch die zunehmende Kooperation der Türkei mit Russland im Energie- und Rüstungssektor. Zwei Bereiche, in denen Washington traditionell wenig Toleranz für abweichende Interessen bei seinen Verbündeten hat.
Eine Wirtschaftskrise in der Türkei könnte auch größere Auswirkungen auf Europa und die Weltmärkte haben. Europäische Banken sind mit Milliarden in der Türkei involviert. Bei den drohenden Verlusten könnte eine erneute Bankenrettung durch den europäischen Steuerzahler potenziell nötig werden.
Den gesamten Artikel finden Sie in der Ausgabe 11/2018.
Foto: imago
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