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Die Pflege in Österreich wird immer teurer, die Menschen immer älter und die Bevölkerung, die in den Steuertopf einzahlt, immer weniger. Eine fatale Konstellation. Die rund fünf Milliarden Euro jährlich, die der Staat derzeit für Pflege aufwendet, werden in Zukunft nicht mehr reichen.
Von Marie-Theres Ehrendorff
Der hohe Lebensstandard, die gute medizinische Betreuung und nicht zuletzt die soziale Absicherung steigern die Lebenserwartung in den westlichen Industrieländern und mit ihr wächst der Anteil der älteren Menschen kontinuierlich. Laut Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) beträgt das Plus bei Pflegeausgaben derzeit rund viereinhalb Prozent per anno, die sich in absehbarer Zeit allerdings dramatisch erhöhen werden. Zwischen 2025 und 2050 werden die Ausgaben um das Dreifache steigen. Grund dafür ist die kontinuierliche Alterung der Bevölkerung. Ist derzeit nur einer von 20 Menschen in Österreich älter als 80 Jahre, werden es im Jahr 2050 bereits rund 11,5 Prozent sein.
Fielen für den Bund im Jahr 2015 noch 2,5 Milliarden an Zuwendungen an, rechnet das WIFO mit einer Zunahme um 67 Prozent bis 2050 auf stattliche 4,2 Milliarden Euro. Dieser Anstieg fällt für Länder und Gemeinden von zwei Milliarden im Jahr 2015 auf neun Milliarden Euro, also um 360 Prozent, noch deutlich dramatischer aus. Selbst unter Berücksichtigung des Wirtschaftswachstums rechnet der Rechnungshof mit einem Anstieg der öffentlichen Pflegeausgaben bis 2060 auf 3,1 bis 3,4 Prozent des BIP, was beinahe einer Verdoppelung gleichkommt. Im Jahr 2015 waren es 1,8 Prozent. Weiter verschärfen wird sich die Situation auch durch die Abschaffung des Pflegeregresses.
Die Abschaffung des Pflegeregresses wurde im Nationalratswahlkampf 2017 als „Wahlzuckerl“ unisono von allen Parteien außer den Neos beschlossenen. Der ursprünglich genannte Finanzierungsbedarf von 100 Millionen Euro ist aufgrund der von den Ländern genannten Kosten von 70 Millionen Euro im Jahr vom Ministerium auf 100 Millionen aufgerundet worden. Erst nach Meldung des Städtebundes im Dezember 2017, dass nach Schätzungen der Mehrkosten einzelner Städte hochgerechnet auf ganz Österreich mit einem Ausfall von über 500 Millionen Euro zu rechnen sei, weil die Kommunen nicht mehr auf das Vermögen von Pflegebedürftigen zurückgreifen können, wurde der Bundesanteil auf 340 Millionen für 2018 erhöht. Der Wegfall des Pflegeregresses kostet nach Angaben des Städtebundes alleine im laufenden Jahr 2018 bis zu 650 Millionen Euro.
Der Rechnungshof übte Kritik, dass dieser politische Beschluss „ohne Begleitmaßnahmen und ohne Gesamtkonzept erfolgt ist und der starke Finanzierungsdruck im Bereich der Pflege noch weiter erhöht wurde“. 80 Prozent der Pension des Pflegebedürftigen sowie ein Teil des Pflegegeldes wurden im Allgemeinen einbezogen. Wenn Pension und Pflegegeld nicht ausreichten, wurde das Vermögen herangezogen und etwa Eigentumswohnung entsprechend belastet. Lediglich ein „Freibetrag“ als Taschengeld blieb unangetastet. In verschiedenen Bundesländern konnten auch Ehegatten bzw. Lebenspartner zur Kostenbeteiligung gezwungen werden.
Der Thinktank Agenda Austria bemängelt an der Regierung, den großen Wurf vor sich herzuschieben. „Der größte einzelne Posten ist also das Pflegegeld, das vom Bund bezahlt wird. Diesen Zuschuss bekommen etwa 454.000 pflegebedürftige Österreicher. Die Länder geben am meisten Geld für stationäre Dienste aus, also z.B. Pflegeheime oder betreutes Wohnen. Wobei es laut Fiskalrat irritierende Unterschiede gibt: In Wien kostet ein Tag stationäre Pflege 238 Euro, in Oberösterreich hingegen 111 Euro, in der Steiermark 102 und in Tirol nur 74 Euro.
Die Krux mit der 24-Stunden-Pflege
Die Alternative ist die 24-Stunden-Pflege, die den Angehörigen von Pflegebedürftigen vieles abverlangen kann. Fachkräfte von anerkannten Betreuungsinstitutionen sind auch bei Inanspruchnahme der höchsten Pflegegeldstufen für den Großteil der Bevölkerung schwer bis gar nicht leistbar. So wird die 24-Stunden-Pflege vornehmlich von Frauen aus Osteuropa übernommen, die derzeit noch glücklich sind, überhaupt einer Beschäftigung nachgehen zu können. Auch wenn sich diese Jobs im arbeits- und steuerrechtlicher Graubereich bewegen und die Pfleger-Vermittlung über Agenturen, die mehr oder weniger seriös arbeiten, abgewickelt wird, ist eine Wahlmöglichkeit zurzeit nicht auszumachen.
In Österreich gibt es gut 800 Agenturen, die tatsächliche Anzahl ist jedoch höher, da auch ausländische Agenturen ihre Dienste in Österreich anbieten, wobei deren Arbeit nur schwer kontrolliert werden kann. Für die staatliche Förderung ist es gleichgültig, zu welchen Konditionen und mit welchem Tagessatz die Betreuerinnen arbeiten.
Auch die Caritas bietet 24-Stunden-Betreuung an und vermittelt ab 70 Euro pro Tag eine Betreuungskraft, dazu kommen Kosten für einen Erstbesuch, Fahrt und Verwaltung. Ein Monat 24-Stunden-Betreuung kommt bei der katholischen Hilfsorganisation somit auf rund 2.800 Euro.
Derzeit sind in Österreich etwa 60.000 Pflegerinnen, vornehmlich aus den neuen EU-Mitgliedstaaten, beschäftigt, wobei rund 40 Prozent aus der Slowakei oder Rumänien kommen. Die Tätigkeit der 24-Stunden-Betreuung ist ein freier Beruf, für den ein Gewerbeschein, aber keine Ausbildung vorgesehen ist. Von den derzeit rund 65.000 Personen, die einen solchen Gewerbeschein besitzen, sind 94 Prozent weiblich. Lediglich eine Person von hundert kommt aus Österreich. Die Pflegerinnen kommen für meist zwei Wochen nach Österreich, um dann wieder genauso lange in der Heimat zu verbringen, da sich zwischenzeitlich eine weitere Betreuerin die Arbeit beim Pflegebedürftigen teilt.
Den gesamten Artikel finden Sie in der aktuellen Ausgabe.
Foto: Africa Studio – stock.adobe.com.
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