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Wiener Standler sauer auf Politik

Wien Marktordnung

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Seit 1. Oktober gilt in Wien die neue Marktordnung. Die Standler sind bereits im Sommer gegen das Gesetz Sturm gelaufen, gebracht hat es ihnen aber nur wenig. Die Marktbetreiber fühlen sich von der Stadtpolitik getäuscht.

Bei den Marktstandlern regt sich Widerstand und Ursache sind einige Verordnungen der Gemeinde Wien. Von einer Enteignung sprechen die einen, von Schikanen bei den Öffnungszeiten die anderen. Alles in allem: Eine gelungene Reform sieht anders aus.

Alle der 500 Wiener Marktstände in der Bundeshauptstadt stehen auf öffentlichem Grund der Stadt Wien. Diese vergibt mittels Zuweisung die Plätze. Die darauf gebauten Marktstände werden im rechtlichen Rahmen eines Superädifikats errichtet. So heißt es, wenn der Stand dem Betreiber gehört, der Grund jedoch Eigentum der Gemeinde ist. Die Investition in einen Marktstand beläuft sich gewöhnlich auf mehrere Hunderttausend Euro. Auf Basis der dauerhaften Zuweisung sowie des Superädifikats werden diese Investitionen auch von den Banken finanziert.

„Die Betreiber sind meist im Familienbesitz befindliche KMU, die viele Jahre an der Erweiterung des Kundenstocks gearbeitet und die Immobilie durch Reinvestition in Schuss gehalten haben, um den Betrieb entweder an die Kinder weiterzugeben oder früher oder später an einen Interessenten zum Marktwert zu verkaufen. Die Früchte eines harten Arbeitslebens sollen geerntet werden und der Lebensabend damit gesichert sein“, erklärt Peter Dobcak, Obmann der Fachgruppe Gastronomie in Wien.

Die bisher zeitlich unbegrenzten Zuweisungen von Plätzen, werden mit der neuen Verordnung auf 20 Jahre limitiert plus eine Option auf Verlängerung um weitere zehn Jahre. Bei branchenfremder Weitergabe darf die Höhe der erlaubten Ablöse den dann aufscheinenden Buchwert nicht überschreiten. „Der wahre Marktwert, meist Ertragswert plus Immobilie, findet dabei keine Berücksichtigung mehr. Eine über den Buchwert hinausgehende Ablöse wäre illegal und damit strafbar. Will ein Käufer den Stand einfach weiterbetreiben, muss er dem Marktbetreiber sein Unternehmen als Ganzes abkaufen, dann kommt der Firmenwert zum Ansatz. Nur den Stand alleine zu übernehmen geht nicht.“ Hat also ein Marktunternehmer einen Betrieb vor wenigen Jahren gekauft, viel investiert und den Umsatz unter großem Einsatz vervielfacht, wird er mit der neuen Regelung um die Früchte seiner Arbeit gebracht, wenn er nur den Stand weitergeben möchte. Abgesehen von der verbotenen wertkonformen Ablöse würde auch kein potenzieller Käufer allzuviel Geld in die Hand nehmen, wohl wissend, dass er den Stand vielleicht nur 20 Jahre betreiben darf. Für eine Refinanzierung ist das eine viel zu kurze Zeitspanne. Durch die Befristung der Zuweisung werden von der Gemeinde Wien bisher völlig rechtmäßige Ablösezahlungen per Gesetz verboten und die Möglichkeit geschaffen, Stände in das Eigentum der Stadt Wien zu bekommen und damit die Vergabe noch mehr zu kontrollieren. „Somit sind die Marktunternehmer in ihrer kaufmännischen Freiheit völlig von den Behörden abhängig. Was das in Wien bedeutet, wissen viele Unternehmer aus eigener Erfahrung“, meint Dobcak.

De-facto-Enteignung kann Existenzen gefährden

Unter dem Motto „Eindämmung des Wildwuchses und mehr Transparenz bei der Vergabe“ besteht auf den Marktständen nun Betriebspflicht. Mit der Einführung von verpflichtenden Kernöffnungszeiten noch einiges mehr: „Möchte nun ein Marktunternehmer in Pension gehen und findet aufgrund der neuen Regelung keinen Käufer oder lässt sich die Behörde unter Umständen mit der Zuweisung an einen Nachfolger viel Zeit, wird der Unternehmer den Betrieb schließen und seine Gewerbeberechtigung zurücklegen, um in Pension gehen zu können. Mit der Schließung verstößt er jedoch gegen die Betriebspflicht, was den Widerruf der Zuweisung zur Folge hat. Nachdem sein Stand auf öffentlichem Grund steht, ergeht nun mittels Bescheid die Anweisung zur Entfernung des Standes auf eigene Kosten, meist binnen vier Wochen. Der pensionsberechtigte Betreiber kann oder will sich die teure Demontage nicht leisten und einigt sich deshalb mit der Stadt Wien darauf, sein Superädifikat an die Stadt zu überschreiben. Als ,Gegenleistung‘ darf er die Immobilie stehen lassen, die damit auch an die Stadt fällt.“

Foto: APA/Peter Pfarrhofer

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