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Ewige Winterzeit im Gastgarten

Ewige Winterzeit im Gastgarten

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Der EU-Gesetzesentwurf zur Abschaffung der Zeitumstellung steht auf dünnen Beinen, denn weder sind wirtschaftliche Konsequenzen durchgerechnet noch sind mögliche soziale Rückwirkungen durch Studien belegt. Nicht nur der Gastronomie drohen dunklere Zeiten.

Von Martin Berger

Petra, Sabine und Georg sitzen im Gastgarten und genießen den Abend. Allmählich dunkelt es und eine kühle Brise weht herein. Sabine bekommt eine Gänsehaut. „Lasst uns bezahlen und nach Hause gehen“, schlägt sie ihren Freunden vor.

Das beschriebene Szenario ist eines, das vielen vertraut ist. Man lässt einen schönen Sommerabend im Beisein von Freunden oder Arbeitskollegen in einem Biergarten ausklingen. Bis dato reichte das Tageslicht in Österreich je nach Längengrad bis etwa 21.30 Uhr. Mit der Abschaffung der Zeitumstellung und dem möglichen Wirksamwerden der ewigen Winterzeit würde ein solches Szenario freilich bereits eine Stunde früher eintreten. So schlicht diese Überlegung scheint, so weitreichend wären die Konsequenzen. Denn der Arbeitsschluss potenzieller Biergartenbesucher wird mit der Umstellung nicht vorverlegt.

Mit der zeitigeren Dämmerung verbundene Umsatzverluste hält auch Christian Kolbl, Geschäftsführer der steirischen WKO-Fachgruppen Gastronomie und Vergnügungsbetriebe, für realistisch. „Mit der Umstellung auf ewige Winterzeit würden unsere Betriebe eine Stunde am Abend verlieren, was einen wesentlichen Bestandteil der Geschäftszeit ausmacht.“ Kolbl meint damit die absolute „Primetime“ nach Arbeitsschluss, die bislang von etwa 17.30 Uhr bis nach Sonnenuntergang um halb zehn reichte.

Berechnet man dafür vier Stunden, dann beträgt der Geschäftsentgang bei ewiger Winterzeit mit einer Stunde weniger 25 Prozent. „Das ist eine einfache Rechnung, die aus wirtschaftlicher Sicht nicht leicht von der Hand zu weisen ist“, betont Kolbl. Diesbezüglich sei auch schon eine Umfrage vom Fachverband für Hotellerie durchgeführt worden, die eine klare Mehrheit für die ewige Sommerzeit gebracht habe.

Ewige Sommerzeit
 gesundheitlich „bedenklich“

Ein Gegenargument für das aufgezeigte Szenario ist schnell gefunden. Österreich hat sich in der EU-Umfrage für dauerhafte Sommerzeit ausgesprochen. Sollte der veranschlagte Gesetzesentwurf also real verabschiedet werden, dann würde die Sonne in Österreich ganzjährig eine Stunde später untergehen. Dass in wissenschaftlichen Kreisen gesundheitliche Bedenken in Verbindung mit ewiger Sommerzeit gehandelt werden, könnte den angeblichen Wunsch des Volks aber nochmals infrage stellen.

Tatsächlich würden jene Teile der Bevölkerung an der ewigen Sommerzeit zu leiden haben, die ihren Arbeits- oder Lernrhythmus nicht an die Gegebenheiten anpassen können. Hans-Peter Hutter, Umweltmediziner an der Medizinischen Universität Wien, bestätigt das: „Schichtarbeiter, Schüler und Studierende müssen in der Früh auf. Ihre Leistungsfähigkeit würde mit dem späteren Beginn der Hellphase in den Wintermonaten eingeschränkt sein, denn der Körper ist darauf programmiert, bei Tageslicht seine Höchstleistung zu erbringen.“ Wäre man also morgens länger der Dunkelheit ausgesetzt, würde sich die Phase bis zum Leistungshoch verschieben, denn das Licht steuert die innere Uhr.

Leider, so der Umweltmediziner weiter, seien die Unterschiede zwischen dauerhafter Winter- und Sommerzeit kaum erforscht. Darum gelte es, anhand von chronobiologischen Plausibilitäten zu urteilen. Weil bestimmte soziale Gruppen weniger Sonnenlicht bei ewiger Sommerzeit erhalten würden, seien diese tendenziell auch krankheitsanfälliger. „Ein Mangel an Sonnenlicht bringt fein abgestimmte biologische Prozesse aus dem Tritt, weswegen schlussendlich Krankheiten begünstigt werden können“, erklärt Hutter.

Generell bringe bekanntlich die Zeitumstellung den Schlafrhythmus des Menschen durcheinander. Deswegen kommt für den Wissenschaftler nur eine Lösung infrage: „Dass die Zeitumstellung ausgedient hat, steht außer Zweifel. Jetzt geht es darum, sich auf eine Zeit zu einigen. Von medizinisch-biologischer Warte kann das nur die bei uns übliche Zeit, bekannt unter ‚Winterzeit‘, sein.“

Den gesamten Artikel finden Sie in der aktuellen Ausgabe.

Foto: iStock.com/juergen2008

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