HomeArchiv„Böser“ Protektionismus und „guter“ Freihandel?

„Böser“ Protektionismus und „guter“ Freihandel?

Protektionismus

Treten Sie mit uns in Kontakt! – Unsere Redaktionsteam nimmt Ihr Lob und Ihre Kritik gerne entgegen.
Wir freuen uns auf Ihre Reaktion und einen konstruktiven Gedankenaustausch.
Bernhard HofbauerMag. Tanja Lackner
Chefin vom Dienst
+43 316 834020-41
redaktion@euromedien.at

Globalisierungsbremse

Der weltweite Freihandel ist in Gefahr! Nationalisten und Populisten wollen die Globalisierung zurückdrehen. Handelszölle und Protektionismus werden wieder hochgefahren und von den Befürwortern des Freihandels massiv kritisiert. Zölle sind verpönt, doch gibt es abseits jeglichen Nationalismus und Populismus einen legitimen Zweck, wo sie zum Schutz einer Volkswirtschaft beitragen? 

Von Stefan Rothbart

Die Protektion der eigenen nationalen Wirtschaft gilt seit den 1930er-Jahren als Ursache für Wirtschaftskrisen. Damals wurden der Börsencrash von 1929 und die anschließende weltweite Krise auf wirtschaftliche Hemmnisse infolge einer zu protektionistischen Handelspolitik vieler Staaten zurückgeführt. Seit dem Ende des zweitenWeltkriegs wurde der Weg für den weltweiten Freihandel geebnet und seither wird jeglicher Protektionismus immer auf das Übelste verteufelt. Freihandel ist die Doktrin, der alle Staaten folgen sollen. Kommt dann plötzlich ein US-Präsident wie Donald Trump auf die Idee, wieder Zölle und Handelsbeschränkungen hochzufahren, dann reagiert die Welt empört. Doch man sollte die Kirche etwas im Dorf lassen. Protektionismus ist nicht gleich Protektionismus und Freihandel ist nicht gleich Freihandel.

Der „gute“ Protektionismus

Gegen die allgemeine Vorstellung ist die Weltwirtschaft nach wie vor sehr protektionistisch organisiert. Freihandel existiert keineswegs überall. Unter anderem sind gerade extrem exportorientierte Volkswirtschaften wie Südkorea oder Japan nach innen sehr protektionistisch. Auch die Europäische Union schottete in gewissen Branchen stets die heimischen Märkte vor der ausländischen Konkurrenz ab. Beispielsweise wurde die europäische Stahlindustrie vor billigen Importen aus China geschützt, indem man diese Importe mit Zöllen versehen hatte. Als 2002 der damalige US-Präsident George W. Bush zum Schutz der US-amerikanischen Stahlindustrie auf europäische Importe Zölle in der Höhe von 30 Prozent erhob, war der Aufschrei in Europa groß, aber leider auch etwas scheinheilig. Die eigenen Märkte vor billigen Importen aus China schützen war okay, aberselbst mit Zöllen belegt zu werden ist dann plötzlich nicht fair. Tatsache ist, die EU war und ist immer relativ protektionistisch gewesen, und das ist auch nicht per se schlecht. Es gibt Bereiche einer Volkswirtschaft, wo es nur legitim und sinnvoll ist, diese durch Zölle zu schützen. Das gilt vor allem, wenn es sich um Schlüsselindustrien handelt oder wenn Branchen zu schwach und gegenüber den weltweiten Mitbewerbern nicht konkurrenzfähig wären. In der Landwirtschaft gibt es beispielsweise in vielen Ländern Protektionsmaßnahmen. Schutz der heimischen Wirtschaft ist auch legitim, wenn ungleiche Produktionsbedingungen zwischen zwei Ländern herrschen, beispielsweise wenn sich ein Land an hohe Umwelt- und Arbeitsstandards hält und das andere nicht. In so einem Fall gelten Schutzzölle als Ausgleich für nicht ermittelte Kostenvorteile.

Destruktiver Freihandel

Protektionismus ist in einem weltweiten System ungleicher Marktteilnehmer sogar notwendig, wenn man verhindern will, dass Freihandel destruktiv wirkt. Es gibt ein legitimes Interesse jedes Staates, schwache Marktteilnehmer vor starker Konkurrenz zu schützen. In der neuen politischen Ökonomie lässt sich sogar anhand der Spieltheorie begründen, warum manche Staaten zum Protektionismus neigen. Nach der Theorie führt ein Übergang zum Freihandel gesamtwirtschaftlich zum sogenannten Pareto-Optimum. Doch diese Annahme gilt nicht für einzelne Unternehmen. Daher besteht für einzelne Wirtschaftsbranchen und Konzerne der starke Anreiz, sich zu organisieren und eine protektionistische Handelspolitik zu fordern. In der ökonomischen Theorie heißt es auch, dass Freihandel zwischen zwei Staaten für beide Vorteile bringt, während beidseitiger Protektionismusfür alle Nachteile erzeugt. Den größtenVorteil hat ein Land, wenn es selbst seine Wirtschaft schützt, aber ungehindert exportieren kann. Daher hat jedes Land grundsätzlich den Anreiz, Protektionismus zu betreiben, aber Freihandel zu fordern.

Den gesamten Artikel finden Sie in der aktuellen Ausgabe der WN-S.

Foto: Canva

Mehr aus der Region Süd erfahren?

No comments

leave a comment