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Die weltweite Gesundheitskrise bringt die globale Wirtschaft ordentlich ins Wanken. Ist die Globalisierung ein krankes System, dessen Ende jetzt gekommen ist? Das Problem ist jedoch nicht eine global vernetzte Weltwirtschaft, sondern, dass wir zu wenig lokale und regionale Wertschöpfungsketten haben.
Die Corona-Krise ist für viele der Anlass, ein Ende der Globalisierung zu fordern. Der Ruf nach Renationalisierung und Abschottung von Wirtschaftszweigen wird wieder laut und schwingt auf einer bereits länger existierenden Welle des Protektionismus mit. Doch die globale Vernetzung von Wirtschaftszweigen und Warenströmen ist nicht das Problem, sondern einerseits ein ideologischer Globalismus, der Grenzen abschaffen will und andererseits eine „zentralistische“ Globalisierung der ungleichen Regeln. In der aktuellen Krise zeigt sich, dass der Nationalstaat immer noch das politische Gebilde mit der höchsten Resilienz und Handlungsfähigkeit ist, wenn es um den Schutz der eigenen Bevölkerung geht. Je größer der Staat, desto autoritärer muss er dabei vorgehen, wie am Beispiel China ersichtlich, während ein Großteil der europäischen Kleinstaaten mit demokratischem Konsens agieren kann. Internationale Organisationen wie die WHO und supranationale Gebilde wie die Europäische Union waren nicht in der Lage, rechtzeitig zu reagieren und zu informieren. Was nicht heißen soll, dass diese obsolet sind. Es braucht sie für eine internationale bzw. europäische Koordination, aber wenn es um harte Maßnahmen geht, zeigt sich, dass nur eine Regierung mit starker Autorität oder eben mit einer sehr direktdemokratisch ausgestatteten Legitimität in der Lage ist, diese durchzusetzen. Dabei werden immer einige Staaten richtig und einige falsch handeln. Am Beispiel Deutschlands sieht man etwa, wie ein überbordender Föderalismus die Handlungsfähigkeit empfindlich lähmen kann. Es entsteht aber ein Wettbewerb der wirkungsvolleren Maßnahmen, was insgesamt zu mehr Widerstandsfähigkeit im System führt, da Staaten sehr schnell sehen, was effektiv und effizient ist und was nicht und dies entsprechend nachahmen werden. Eine globale Autorität würde entweder gänzlich richtig, oder gänzlich falsch handeln. Tut sie Letzteres, hat sie keine Vergleichsmöglichkeit, um eine rasche Anpassung vorzunehmen. Die Grenzen der europäischen Staaten wirken daher in der aktuellen Corona-Krise wie die Schotten eines Schiffes, die bei Wassereintritt das Überlaufen in andere Teile des Schiffes verhindern. Doch während sich der Nationalstaat in einer ersten Reaktion auf die Pandemie bewährt, langfristig bewältigen kann er die Folgen jedoch nicht. Dafür wird es eine globale wirtschaftliche Kooperation auf jeden Fall brauchen. Die Globalisierung ist daher keineswegs ein Auslaufmodell, sie muss sich lediglich neu erfinden.
Neue Form der Globalisierung
Die weltweite Mobilität von Menschen und Gütern begünstigte zwar zunächst eine Ausbreitung des Corona-Virus, die globalen Waren- und Informationsströme sind aber auch die entscheidenden Faktoren, die ein rasches Handeln von Regierungen und Staaten ermöglichen. Während Chinas Fabriken schließen mussten, schickten europäische Staaten, darunter Österreich, Schutzausrüstung, die das Reich der Mitte nicht mehr selbst herstellen konnte. Jetzt wo Europa dicht machen muss, schickt China entsprechende Hilfslieferungen. Die Warenströme des europäischen Binnenmarktes garantieren auch in der Krise Versorgungssicherheit. Eine komplett nationale Wirtschaft wäre ziemlich anfällig für Produktionsausfälle und könnte vermutlich sehr rasch die Versorgung der Bevölkerung nicht mehr garantieren. Wie vernetzt und komplex Produktionsprozesse wirklich sind, wird uns aktuell wieder vor Augen geführt. Wir werden aber eine „neue“ Form der Globalisierung brauchen, denn die Corona-Pandemie zeigt uns auch ihre derzeitigen Schwächen auf, die auf stark zentralisierte Produktionsprozesse zurückzuführen sind. Als im Februar 2020 China als Werkbank der Welt ausfiel, entstanden sofort überall auf der Welt Engpässe. In Zukunft wird man Produktionsprozesse daher besser weltweit verteilen müssen. Die neue Form der Globalisierung darf nicht nach dem Prinzip der absolut billigsten Produktionskosten organisiert werden, sondern muss dem Prinzip der effizientesten Wertschöpfungsketten folgen. Es wird sinnvoll sein, systemkritische Produktionsprozesse auf jedem Kontinent mit ausreichend Kapazitäten anzusiedeln, um z.B. die Versorgung von Nahrungsmittel und medizinischen Gütern regional zu decken und darüber hinaus ein globales Netzwerk lokaler und regionaler Wertschöpfungsketten aufzubauen. Dafür wird es notwendig sein, Produktions-, Arbeits- und Umweltstandards weltweit nach oben hin anzugleichen, sodass ein fairer Wettbewerb der besten Ideen und Produkte und nicht der billigsten Produktionskosten gefördert wird. Eine Weltwirtschaft der gleichen Regeln wird eine neue, „dezentrale“ und noch resilientere Globalisierung hervorbringen.
Foto: iStock.com/Tryaging
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