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Sterben bald die Innenstädte?


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Enormer Schaden für den Handel – nicht nur durch Corona

Seit 14. April darf zumindest ein Teil der Geschäfte öffnen. Auch nach dieser Öffnung auf Raten bleibt die Lage dramatisch. Viele Händler brauchen rasche Unterstützung, sonst steht zu befürchten, dass sie auf Dauer schließen müssen.

Von Christian Wieselmayer

Aktuelle Berechnungen diverser Institute zeigen deutlich, dass der Handel am massivsten von Umsatzeinbrüchen durch die Corona-Krise betroffen ist. Österreichweit ist der geschätzte Schaden etwa viermal so groß wie beispielsweise im Tourismus. In Anbetracht dessen ist die Situation äußerst angespannt – auch wenn alle Geschäfte nun wieder öffnen dürfen. „Wir werden nach heutigem Wissensstand nach der Krise eine völlig andere Handelslandschaft erleben. Es ist zu befürchten, dass viele Handelsunternehmen nun dem Coronavirus zum Opfer fallen und damit auch ganze Innenstädte mitsterben werden“, zeichnet Martin Wetscher, Obmann des Tiroler Handels, ein drastisches Bild. Die ersten paar Tage nach dem „Neustart“ haben gezeigt, dass von der Rückkehr zur Normalität noch lange keine Rede sein kann. „Bilder von Menschenschlangen, wie es sie vereinzelt vor Baumärkten gegeben hat, spiegeln in keiner Weise die Gesamtsituation im Handel wider. In vielen Bereichen fehlt einfach noch die Kundenfrequenz und damit nach wie vor ein großer Teil der üblichen Umsätze“, sagt Wetscher.

Angst um Attraktivität der Altstadt

Das Problem des Niedergangs der Innenstädte bezieht sich aber nicht nur akut auf Tirol und auf die Corona-Krise. Salzburgs oder Vorarlbergs Innenstädte sind ebenfalls betroffen – und das nicht erst seit März dieses Jahres. „Es hat keinen Sinn mehr. Die Kunden sind überall – nur nicht in der Altstadt“, sagt eine Händlerin eines Innenstadtgeschäfts. Die Folge: Sie sperrt ihr Geschäft am Samstag bereits um 13 Uhr zu statt wie früher um 18 Uhr. Seit Längerem schon würden die Umsatzzahlen kontinuierlich zurückgehen, klagt sie. Schuld daran seien zu wenige und zu teure Parkmöglichkeiten in der Innenstadt – und die Einkaufszentren am Rande der Stadt. Immer mehr Menschen erledigen ihre Einkäufe in den Shoppingcentern im Speckgürtel der Städte, dort, wo die Geschäfte gut erreichbar sind und nicht mit veralteter Infrastruktur oder restriktivem Denkmalschutz kämpfen müssen.

Lebensqualität leidet

Verlierer dieser Entwicklung sind aber nicht nur die Altstädte, sondern auch deren Umlandgemeinden. In Seekirchen am Wallersee im Salzburger Flachgau beispielsweise ging die Anzahl der Geschäfte seit Anfang der 2000er-Jahre um mehr als 20 Prozent zurück, in Straßwalchen, ebenfalls Flachgau, waren es sogar fast 30 Prozent. „Geschäfte und Dorfwirtshäuser sperren zu, Postämter schließen und Menschen werden zum Pendeln gezwungen. Einkaufszentren beeinträchtigen nachweislich die Lebensqualität“, warnen Tourismus-, Stadtmarketing-Verbände sowie diverse Wirtschaftsinitiativen. Gemeinsam machen sie gegen die Expansionspläne einiger Einkaufszentren mobil, die diese Bedenken naturgemäß nicht teilen. Beim Europark am Salzburger Stadtrand teilt man die Bedenken der Plattform nicht, der Ausbau wäre „moderat“, heißt es. Man würde über 2.000 Mitarbeiter beschäftigen und sei einer der größten Steuerzahler, was Stadt und Land zugutekomme. Tatsächlich ist der Europark mit 36.000 Quadratmetern Verkaufsfläche, 130 Geschäften und 4.200 Gratisparkplätzen das größte Einkaufszentrum Westösterreichs mit rund zwölf Millionen Besuchern im Jahr. Ein weiterer Grund für die Beliebtheit großer Einkaufszentren sind die einheitlichen längeren Öffnungszeiten – an manchen Tagen sogar bis 21 Uhr. In der Altstadt bestimmt jeder Unternehmer selbst, wann er auf- und zusperrt – meistens früher als später. Es geht aber nicht nur um die Zentren der großen Städte, es geht auch um die kleineren Städte im Umfeld einer Landeshauptstadt. Der Einzelhandel an sich stirbt zwar nicht, aber mittlerweile gibt es keine Chancengleichheit mehr zwischen den Ortskernen und den Gewerbegebieten auf der „grünen Wiese“, was beispielsweise Parkplätze und Erreichbarkeit betrifft. Diese Center liegen an der S-Bahn oder an der Autobahn – und müssen nichts dafür zahlen. Die Rufe nach Flächenabgaben zur Unterstützung der Ortskerne, um Garagen zu bauen oder verstärkt Fußgängerzonen einzurichten, werden daher immer lauter. 

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 Foto: iStock.com/KenWiedemann

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