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Forschung & Entwicklung
Warum wir skeptischer gegenüber philanthropischen Milliardären sein sollten.
Von Stefan Rothbart
In Zeiten der Krise haben „Verschwörungstheorien“ Aufwind. Vor allem auf die WHO und den Microsoft-Gründer und Multimilliardär Bill Gates haben diese sich eingeschossen.
Darauf wollen wir hier nicht näher eingehen, sondern uns stattdessen mit hintergründigen Fragen beschäftigen. Zur Rolle der Medien sei nur Folgendes gesagt: Die einzige journalistische Reaktion auf Proteste und Verschwörungstheorien scheint eine Verunglimpfung und pauschale Diffamierung zu sein. So jedenfalls liest sich das Medienecho über die in Deutschland und Österreich entstandenen Proteste gegen die Corona-Maßnahmen, die längst auch weltweit stattfinden. So schreibt das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ wörtlich: „Manche Demonstranten sind kein Fall für die Politik, sondern für die Psychiatrie.“ Oder das „Profil“ titelte am 24. Mai: „Der Aufstand der Verrückten“.
Solche Werturteile sind unjournalistisch und sie bringen uns keinen Erkenntnisgewinn. Im Gegenteil, die Medien beteiligten sich damit an der Polarisierung und verstärken und „bestärken“ den Protest dadurch. Obwohl Fakten-Checker sich redlich bemühen, Falschinformationen aufzuklären, beschäftigt sich der Journalismus bisweilen zu wenig mit Ursachen und Hintergründen. Sehr treffend hat dazu der Zukunftsforscher Matthias Horx über die Psychologie der Verschwörungstheorien auf seinem Blog geschrieben: „Menschen, die einem Verschwörungswahn anheimfallen, haben in ihrem Leben meistens starke Ohnmachtserfahrungen, Verletzungen, Entwürdigungen, Zurückweisungen oder existenzielle Verluste erlebt.“ Wenn Medien und Politik mit Menschen, die offenbar irrationale Angstgefühle haben, entwürdigend umgehen, ist der Gesellschaft nicht gedient. Es mangelt oft auch an der Fähigkeit, Protest konstruktiv zu kanalisieren. Doch genau hier müssen die Medien einspringen und für eine sachliche Einordnung sorgen, dem Ohnmachtsgefühl eine Orientierung geben.
Im Beispiel der WHO geht es im Kern um Transparenz und strukturelle Probleme mit internationalen Organisationen, an denen sich ein oft irrationaler Protest entzündet. Die Tatsache, dass Milliardäre wie Bill Gates in der glücklichen Lage sind, Milliarden für gute Zwecke zu spenden, mag positiv sein, dass aber die Finanzierung vieler internationaler Organisationen heute darauf angewiesen bzw. auch davon abhängig ist, trübt den Beigeschmack. Was uns zum Thema Vertrauen bringt. Wenn offenbar in manchen Teilen der Gesellschaft kein Vertrauen mehr in die Politik und die Gesundheitsorganisationen herrscht, dann muss man sich fragen, warum das so ist. Setzt die Politik genügend auf Aufklärung und Information? Und hier kommen auch die Medien wieder ins Spiel. In den letzten Jahren waren diese sehr fleißig, kritisch über die Pharmabranche, die WHO und auch über Bill Gates zu berichten. Interessenkonflikte und Intransparenz rund um die Finanzierung der WHO wurden von zahlreichen NGOs und Regierungsorganisationen angeprangert. So z.B. von Transparancy International, die viel zu geringe Pflichtbeiträge von Staaten kritisierte, was die WHO in die Arme der Industrie treibe. Dem schlossen sich Organisationen wie Frontal21, Medico International und sogar der Europarat an. Die Kritik der Medien der vergangenen Jahre scheint aktuell verstummt zu sein, und wenn Bill Gates öffentlich erklärt, sieben Milliarden Menschen impfen zu wollen, bleibt das ohne kritische Nachfrage, wie er sich das eigentlich genau vorstellt.
In der Debatte geht es auch gar nicht um Bill Gates und was er angeblich so alles für oder gegen die Menschheit plant. Es geht um das strukturelle Problem, dass die finanzielle Abhängigkeit internationaler Entwicklungshilfe von philanthropischen Milliardären die Interessen stark verzerrt. Dabei werden fast ausschließlich technologische Lösungen angestrebt, aber kaum an sozioökonomischen Lösungen gearbeitet. Und so sieht der Milliardär Bill Gates die Probleme der Welt auch eher in einer Überbevölkerung als in der Ungleichverteilung von Wohlstand. Das ist geradezu ein malthusianischer Ansatz, der eine Verbesserung der Lebenslage armer Bevölkerungsschichten allein in Maßnahmen zur Geburtenkontrolle sieht. Ein Ansatz, der durchaus kritikwürdig ist, wenn Entwicklungshilfe durch den enormen finanziellen Mitteleinsatz von Philanthropen in eine gewisse Richtung gelenkt wird.
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Foto: dpa
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