
Treten Sie mit uns in Kontakt! – Unsere Redaktionsteam nimmt Ihr Lob und Ihre Kritik gerne entgegen.
Wir freuen uns auf Ihre Reaktion und einen konstruktiven Gedankenaustausch.

Chefin vom Dienst
+43 316 834020-41
redaktion@euromedien.at
Verrat am Sozialstaat oder Zukunftsmodell?
Vom täglichen Hamsterrad zum Perpetuum mobile. Die jüngst von der Sozialdemokratie entfachte Debatte rund um die 4-Tage-Woche polarisiert quer durch die gesamte Wirtschaft und verspricht, die eierlegende Wollmilchsau der Arbeitsmarktpolitik zu sein. Trotz vieler positiver Aspekte schafft eine 4-Tage-Woche aber gerade eines nicht: neue Arbeitsplätze. Überhaupt müssen wir uns die Frage stellen, wie Sozialstaat, Pensionen und Co. noch zu finanzieren sind, wenn wir immer weniger bereit sind, dafür etwas zu beizutragen.
Von Stefan Rothbart
422.910 Personen waren mit Ende August in Österreich arbeitslos oder in Schulung gemeldet. Zu Spitzenzeiten der Corona-Krise lag dieser Wert über einer halben Million. Seither gibt es einen leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit. Kurzarbeit sei Dank. Dennoch bleibt die Arbeitslosenzahl hoch, höher als vergleichsweise in Deutschland. Mit 422.910 hat Österreich immer noch um rund 60.000 Arbeitslose mehr als im Jahresdurchschnitt von 2019 mit rund 360.000. Doch bereits vor Corona hatte man zeitweise saisonbedingt annähernd 400.000 Arbeitslose. Der Jahresdurchschnittsbestand an arbeitslos vorgemerkten Personen und Schulungsteilnehmern ist laut AMS seit 2011 jährlich bis zum Jahr 2016 angestiegen. Der Anstieg war in den Jahren 2013 und 2014 besonders hoch (+10,2 Prozent bzw. +9,4 Prozent). Im Jahr 2019 sank der Jahresdurchschnittsbestand an arbeitslos vorgemerkten Personen und Schulungsteilnehmern das dritte Jahr in Folge (2017: -2,9 Prozent; 2018: -7,6 Prozent; 2019: -4,6 Prozent). In den Jahren 2015, 2016 und 2017 lag die Arbeitslosigkeit jeweils bei über 400.000 Personen und somit annähernd so hoch wie aktuell. Was von 2017 bis 2019 die Arbeitslosigkeit kontinuierlich senkte, war die gute Konjunkturentwicklung dieser Jahre. Die Wirtschaft kam langsam aus dem Tal der letzten Finanzkrise heraus und erwirtschaftete Rekordzuwächse. Die Auftragsbücher waren voll und der Wirtschaftsmotor brummte. In dieser Phase hatten zahlreiche Branchen Probleme, genügend Personal zu finden. Der Fachkräftemangel war das große Thema.
Komisch, damals, als es der Wirtschaft hervorragend ging, kam das Thema 4-Tage-Woche nicht auf, obwohl nach derselben Argumentationslogik, wie man sie aktuell betreibt, die Arbeitszeitverkürzung ja auch schon damals bei ähnlich hoher Arbeitslosigkeit ein Modell zur Schaffung von Arbeitsplätzen gewesen wäre. Zeitweise war die Produktivität pro Kopf in der Hochkonjunktur sogar höher als jetzt, also hätten es sich die Firmen in den wirtschaftlich guten Jahren erst recht leisten können, die Arbeitszeit pro Kopf zu verkürzen und mehr Menschen anzustellen.
Warum das aber nicht passiert ist, hat zwei Gründe: Erstens war die SPÖ noch selbst in der Regierung und stellte mit Christian Kern bis Ende 2017 sogar den Bundeskanzler und zweitens weil weniger arbeiten, aber gleich viel oder mehr herausbekommen in der Praxis nicht funktioniert. Das arbeitspolitische Perpetuum mobile existiert eben nicht, auch wenn es eine schöne Vorstellung ist.
4-Tage-Woche als verheißungsvolles Versprechen
Die SPÖ-Parteichefin Pamela Rendi-Wagner wirbt nun offensiv für eine generelle 4-TageWoche und nennt sie eine „Win-win-win-Situation“ für Arbeitnehmer, Unternehmen und Staat. Die SPÖ schlägt ein Modell vor, wo die Arbeitszeit für drei Jahre um 20 Prozent verringert wird. Ein Drittel der Kosten trägt der Betrieb, ein Drittel das AMS und der Arbeitnehmer bekommt fünf Prozent seines Nettogehaltes weniger. Die Arbeitgeber ersparen sich rund 15 Prozent der Lohnkosten bei gleichzeitig steigender Produktivität. Der Staat hätte dadurch weniger Ausgaben für Arbeitslosigkeit und theoretisch Mehreinnahmen durch eine höhere Beschäftigungsquote. Die Nettokosten für die öffentliche Hand würden pro einer Million Teilnehmer am 4-Tage-Modell bei 1,14 Milliarden Euro netto liegen. Die Kurzarbeit koste derzeit rund fünf bis sechs Milliarden Euro. „Wir wollen ein nachhaltiges Modell“, betonte Rendi-Wagner und ergänzte in Richtung der Arbeitgebervertreter, dass ein reflexartiges „Nein“ nicht der richtige Weg aus der Krise sei. ÖGB und Arbeiterkammer springen argumentativ sofort auf den Zug auf und predigen das Modell als Zukunft für den Arbeitsmarkt. Was so verheißungsvoll klingt, muss einen Haken haben. Und den gibt es auch.
Alles lesen? Hier geht's zum ganzen Artikel in der aktuellen Ausgabe der Wirtschaftsnachrichten Donauraum
Foto:iStock.com/Gearstd
Mehr aus dem Donauraum erfahren?
No comments
leave a comment
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.