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Tabuthema Analphabetismus


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Viele Ursachen

Knapp 63.000 Kärntner können nicht oder nur unzureichend lesen, schreiben oder rechnen. Die Folgen reichen von Schwierigkeiten im Alltag und Stress bis zu Benachteiligungen im Beruf.

Von Ursula Rischanek

Ein SMS schreiben, Zeitung lesen oder den Kindern bei der Hausübung helfen – für rund 63.000 Kärntner stellen diese Tätigkeiten eine enorme Herausforderung dar. Denn sie können weder sinnerfassend lesen noch schreiben. „Das heißt es, besteht Basisbildungsbedarf. Dieser Ausdruck ist weniger stigmatisierend als der Begriff Analphabetismus“, sagt Kathrin Kassl-Rapatz, Projektkoordinatorin für Basisbildung bei den Kärntner Volkshochschulen. Auch mit dem Rechnen und im Umgang mit Computern tun sich die Betroffenen schwer. Insgesamt liegt die Zahl der Betroffenen in Österreich bei rund einer Million Menschen zwischen 16 und 65 Jahren. Rund 535.600 davon sind hier geboren und haben Deutsch als Erstsprache. Die Folgen für die Betroffenen sind enorm: Zu den Schwierigkeiten, sich im öffentlichen und privaten Leben zurechtzufinden, kommt die Benachteiligung am Arbeitsmarkt. „Die meisten arbeiten in niedrig qualifizierten Bereichen, Aufstiegschancen fehlen“, so Kassl-Rapatz. Denn Tätigkeiten ohne Bildschirm, Tastatur & Co. sind mehr denkbar. Dazu kommt ein erheblicher Stresslevel: Nicht schreiben, lesen oder rechnen zu können sei nach wie vor extrem schambesetzt. „Das heißt, die Betroffenen kaschieren ihre Schwäche und jonglieren sich jeden Tag durchs Leben“, weiß die Expertin. Ausreden wie „Ich habe meine Brille vergessen“, „Ich kann die Schrift nicht entziffern“ und viele mehr stehen an der Tagesordnung. „Oft binden sich Betroffene auch die Hand ein, um ein Formular nicht selbst ausfüllen zu müssen“, erzählt Kassl-Rapatz.

Viele Ursachen

Dafür, dass Menschen trotz Schulpflicht keine ausreichende Basisbildung haben, gibt es viele Ursachen. Etwa die Tatsache, dass Bildung im Elternhaus keinen Stellenwert hat, es dort keine Lesekultur und keine oder nur wenig Schriftlichkeit gibt. Auch ein ungünstiges Lernumfeld, schlechte Erfahrungen in der Schule oder nicht diagnostizierte Einschränkungen, wie beispielsweise Legasthenie oder Dyslexie, gehören dazu. „Man darf auch nicht vergessen, dass man erworbene Fähigkeiten verlernt, wenn sie länger nicht zum Einsatz gelangen“, erklärte Kassl-Rapatz. Erleichtert werde dies durch die Technik: „Denken Sie nur an die Sprachnachrichten“, sagt Kassl-Rapatz, die betont, dass meist jedoch mehrere Faktoren für die Defizite verantwortlich seien. Auf zwei Dinge hinzuweisen, ist ihr in diesem Zusammenhang besonders wichtig: „Basisbildungsdefizite haben nicht unbedingt mit schwierigen sozialen Verhältnissen oder mangelnder Intelligenz zu tun. Die Betroffenen haben vielmehr eine rasche Auffassungsgabe und ein enormes Merkvermögen“, bekräftigt Kassl-Rapatz.

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Foto: iStock.com/SilviaJansen

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