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Fehlende Expertise
Die Appelle von Regierung und Medizinern an die Eigenverantwortung scheinen ungehört zu verhallen. Sind wir wirklich so verantwortungslos, wollen wir mehr Staat und weniger privat oder liegt es an etwas ganz anderem?
Von Ursula Rischanek
Seit Monaten predigen Politiker und Ärzte eines mit der Regelmäßigkeit tibetischer Gebetsmühlen: Eigenverantwortung. Nur, wenn jeder Einzelne für seine Entscheidungen und Handlungen Verantwortung übernehme und die Konsequenzen dafür trage, statt nach einem Schuldigen zu suchen, könne man der Pandemie Herr werden. Doch die Fallzahlen explodieren, die Zahl der belegten Betten in Spitälern und Intensivstationen steigt rasant, ebenso mehren sich die Todesfälle. Ist es also um die Eigenverantwortung der Österreicher nicht besonders gut bestellt? Können oder wollen wir nicht für uns selbst verantwortlich sein, brauchen wir Vater Staat, der uns vorschreibt, wie wir leben, uns verhalten sollen, was wir tun dürfen und was wir zu unterlassen haben?
Zahlreiche Liberalisierungen
„Der Staat hat sich in den vergangenen 30 Jahren in vielen Bereichen stark zurückgezogen“, sagt dazu der Wiener Politikwissenschaftler Laurenz Ennser-Jedenastik. Beispiele seien der Verkauf des größten Teils der verstaatlichten Betriebe oder der EU-Beitritt, der ebenfalls in vielen Bereichen Liberalisierungen mit sich gebracht habe. Gesetze wie die Gurtenpflicht, die Allergenverordnung und das Rauchverbot in der Gastronomie sind für ihn kein Signal, dass der Staat im privaten Bereich Einfluss gewinnen wolle. Die Eigenverantwortung stehe daher nicht zur Diskussion, so Ennser-Jedenastik. Das Problem sei vielmehr, dass der Regierung ein „Denkfehler“ unterlaufen sei. „Wenn ich will, dass sich jemand auch weiterhin strikt an meine Vorgaben hält, darf ich das nicht als Eigenverantwortung und Empfehlung titulieren“, sagt der Politikwissenschaftler. Denn Eigenverantwortung heiße eben, dass jeder selbst entscheiden könne, was er tue. „Das ist natürlich nicht immer das, was die Regierung will“, so Ennser-Jedenastik. Dass sie sich auf die Appelle an die Eigenverantwortung und auf Empfehlungen in Hinblick auf das Verhalten zurückgezogen habe, sei auf die massive Kritik und das Urteil des Verfassungsgerichtshofes zurückzuführen. „Die Regierung weiß, dass sie im privaten Bereich nicht viel regulieren kann“, sagt Ennser-Jedenastik, der auch die Kommunikation der Regierung kritisiert: „Ich kann nicht so tun, als ob Verhaltensregeln durch eine Verordnung gedeckt sind, obwohl das nicht der Fall ist.“ Hätte die Regierung von vornherein ehrlich und klar kommuniziert, dann wären die Empfehlungen auf fruchtbareren Boden gefallen, ist er überzeugt.
Kommunikationsfehler
Auch die Wiener Gesundheitspsychologin Martina Molnar ortet die Fehler in der Kommunikation der Regierung und nicht in der fehlenden Eigenverantwortung. Im Panikmodus der ersten Zeit sei massiv Angst geschürt und seien Befehle ausgegeben worden, ohne deren Sinn zu erklären. „Dann war auf einmal jeder selbst verantwortlich. Man kann aber keine Verantwortung übernehmen, wenn man den eigenen Einfluss auf das Geschehen nicht ausreichend versteht“, sagt sie. Vielen Leute sei bis heute gar nicht bewusst, welchen Einfluss sie selbst auf die Corona- Zahlen hätten, wie sich die Viren ausbreiten, wie Masken und Händedesinfektion die Verbreitung verringern würden und warum das Infektionsrisiko beim Tanzen oder Singen viel höher sei als beim Sitzen im Restaurant. „Man darf nicht davon ausgehen, dass jeder die Zusammenhänge erkennen, sich selbstständig fundiert informieren und daraus Schlüsse ziehen kann“, sagt Molnar.
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Foto: iStock.com/rclassenlayouts
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