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Europas Spaltung, Amerikas Verrat und Russlands Einfluss

Am Pipelineprojekt Nord Stream 2 entscheidet sich Europas geopolitisches Schicksal. Während für Russland das Gas wirtschaftlich unverzichtbar ist, treiben die USA rücksichtlos einen Spaltkeil zwischen die europäischen Verbündeten. Es geht nicht nur um Energiepolitik, sondern um die Einigkeit der Europäischen Union und um fairen Handel. Europa muss endlich auf den Tisch hauen!

Von Stefan Rothbart

Die Ostseepipeline Nord Stream wird seit 1995 geplant. 2004 erfolgte der Startschuss für die erste Röhre. 7,4 Milliarden Euro verschlang der Bau. Mit Nord Stream 2 sollen zwei weitere parallel unter der Ostsee verlaufende Stränge errichtet werden. Bis Mitte 2017 waren die erforderlichen Planungen und Umweltprüfungen abgeschlossen. Im Mai 2018 erfolgten die Baugenehmigungen. Seither versuchen innere und äußere Gegner, das Projekt auf den letzten Metern zu stoppen. Nord Stream 2 ist ein Testlauf für die Einigkeit Europas.

Die Quertreiber in der EU

Nord Stream 2 ist in erster Linie ein privates Beteiligungsprojekt zwischen Gazprom (Russland), Uniper, Wintershall (beide Deutschland), Royal Dutch Shell (Niederländisch/Britisch), der OMV (Österreich) und Engie (Frankreich). Gegner hatte das Projekt von Anfang an. Die EU-Kommission, das EU-Parlament und der Europäische Rat lehnten es ab. Gasproduzent und Betreiber der Pipeline dürfen laut EU-Recht nicht dasselbe Unternehmen sein. Deutschland hat diese EU-Vorgabe aber abgewandelt. Die deutschen Grünen haben innenpolitisch ohnehin eine sehr scheinheilige Haltung bewiesen. Einerseits treiben grüne Landespolitiker den Bau von LNG-Terminals in der Nordsee voran, treten aber aus „Umweltgründen“ massiv gegen die Ostseepipeline auf. Auch Polen, Lettland, Litauen und Estland versuchen Nord Stream 2 zu stoppen. Polen hat erst kürzlich an Nord Stream 2 beteiligte Unternehmen mit Geldstrafen wegen angeblicher Wettbewerbsverletzung behängt. Auch Dänemark zierte sich, genehmigte dann aber doch vor wenigen Wochen die letzten Ausbauschritte der Pipeline. Diese innereuropäische Spaltung wussten die USA für ihre Interessen zu nutzen.

Amerikas Verrat

Die USA fallen ihren engsten Verbündeten in Europa mit den durch den US-Kongress im Dezember 2019 verabschiedeten Strafmaßnahmen und Sanktionen gegen die an der Fertigstellung von Nord Stream 2 beteiligten Unternehmen in den Rücken. Dabei übernehmen die USA die Haltung Polens und der baltischen Staaten eins zu eins. Das Argument, Europas Energiesicherheit wahren zu wollen, ist himmelschreiend scheinheilig. Die Sanktionspolitik der USA ist inakzeptabel und völkerrechtswidrig. Die EU hat sich bisher nur mit einer inoffiziellen schwachen Protestnote zur Wehr gesetzt. Vor der US-Präsidentschaftswahl war es dann ruhig. Das war natürlich Kalkül, denn man wollte Donald Trump keine Munition für seinen Populismus bieten. Doch das Thema wird nun nach der US-Wahl schnell wieder Fahrt aufnehmen.

Mehr Gas durch Energiewende

Grund der Streitigkeiten sind wirtschaftliche Hintergründe. Ausgerechnet wegen der deutschen Energiewende steigt der Gasbedarf in der EU, da durch den Kohle- und Atomausstieg mittelfristig mehr Gas zur Energieproduktion und Netzstabilität gebraucht wird. Insgesamt soll der Gasbedarf für die nächsten 20 Jahren in der EU aber stabil bleiben, doch die Förderung in der EU geht drastisch zurück, weswegen sich eine Versorgungslücke auftut, die mit Importen gedeckt werden muss. Nur der globale LNG-Markt und Russland verfügen über ausreichend Kapazitäten, um diese Lücke in der Gasversorgung zu schließen. Die USA und Russland wittern ein größeres Stück vom Kuchen, weil sich europäische Produzenten zurückziehen. Die Abhängigkeit der EU von Gasimporten steigt mittelfristig, ist aber zur Absicherung der Energiewende notwendig. Außerdem wird ein höherer Wettbewerb der Gaspreise erwartet, was sich insgesamt positiv auf die Kosten der Energiewende auswirkt.

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Foto: Nord Stream 2/Axel Schmidt

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