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Die Digitalisierung ist nur der erste Schritt
Das österreichische Schulsystem ist im Verhältnis zu den hohen Bildungsausgaben zu ineffizient, benachteiligt Schüler aus bildungsfernen Familien und kommt nicht ohne Rassismus aus. Politikfern, schlank aufgestellt, hochdigitalisiert und mit gleichen Chancen für alle – so eine Schullandschaft bringt Kinder zum Blühen.
Von Siegfried Hetz
Corona trägt keine Schuld an den Defiziten des österreichischen Bildungswesens, aber die seit Anfang 2020 grassierende Pandemie zeigt die Schwachstellen und Versäumnisse unseres Bildungssystems unbarmherzig auf. Wir leisten uns eines der teuersten Schulsysteme unter den EU-Staaten und geben dafür pro Schüler und Schuljahr 13.361 Euro aus. Nach Luxemburg, das dafür 18.801 Euro aufwendet, liegt Österreich unter den EU-Staaten an zweiter Stelle, gefolgt von Belgien, Schweden, Deutschland, Dänemark und den Niederlanden. Das Schlusslicht bildet Litauen mit 5.393 Euro. Davor liegen noch die Slowakei und Estland mit jeweils knapp 6.000 Euro pro Schüler und Jahr.
Zu viel Input für zu wenig Output
Am lohnendsten ist dabei der Vergleich mit Estland. Die Republik Estland ist 1991 nach dem Zerfall der Sowjetunion als selbstständiger Staat zu einer der drei baltischen Republiken geworden. 2004 wurde das Land Mitglied der EU und 2011 Mitglied der Eurozone. In Estland beträgt der Anteil der leistungsschwachen Schüler etwa vier Prozent und der der leistungsstarken liegt bei 20 Prozent. In Österreich liegt der Anteil der leistungsschwachen Schüler bei etwa elf Prozent. Leistungsschwäche in diesem Zusammenhang bedeutet, dass sich diese Schüler in einer modernen Gesellschaft nicht vollständig zurechtfinden – und das ein Leben lang. Corona zeigt aber nicht nur die Schwächen des Bildungssystems auf, Corona trifft benachteiligte Schüler stärker und verschärft dadurch die soziale Ungleichheit. Es kommt zu Defiziten, die während der gesamten Bildungskarriere unter Umständen nie mehr kompensiert werden können. „Bei geschlossenen Schulen“, so der deutsche Bildungsökonom Ludger Wößmann, wird nicht nur weniger neues Wissen vermittelt, sondern es gehen auch bereits erworbene Fähigkeiten verloren, auf denen das weitere Lernen aufbauen könnte. Auch Kristina Gugerbauer, sie hat Journalismus an der FH Wien und Lehramt für Englisch, Geografie und Wirtschaftskunde studiert und war Fulbright Teaching Assistant an der Emory University, Atlanta, USA, schlägt Alarm. Die Erasmus-Botschafterin für Schulbildung 2018 zählt die Defizite auf, die nicht erst seit Corona evident sind: „Veraltete Unterrichtsformen, mangelnde Deutschkenntnisse, fehlende Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, Psychagoginnen und Psychagogen (Lehrerinnen und Lehrer mit psychologischer Zusatzausbildung, die sich um Kinder mit emotionalen und sozialen Problemen bemühen).“ Die Pädagogin fordert vor allem und zuallererst eine bessere praxisnahe Ausbildung der Pädagogen und kritisiert gleichzeitig, dass in der neuen Lehramtsausbildung die Praxisstunden, also „jene Stunden, in denen angehende Lehrerinnen und Lehrer in den Klassenräumen Erfahrung sammeln“, gekürzt wurden. Außerdem funktioniere ein modernes Schulwesen nur, wenn Lehrerinnen und Lehrer sich verpflichtend fortbilden. In der Privatwirtschaft wäre es ein Ding der Unmöglichkeit, zu sagen: „Das habe ich in meiner Ausbildung vor 15, 20 Jahren nicht gelernt“ oder „Ich kenn mich da nicht aus“. Wer nicht mit der Zeit geht, wird mit der Zeit gegangen, so Gugerbauer.
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Foto: iStock.com/Jovanmandic
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