HomeArchivDie Iden des März

Die Iden des März


Treten Sie mit uns in Kontakt! – Unsere Redaktionsteam nimmt Ihr Lob und Ihre Kritik gerne entgegen.
Wir freuen uns auf Ihre Reaktion und einen konstruktiven Gedankenaustausch.
Bernhard HofbauerMag. Tanja Lackner
Chefin vom Dienst
+43 316 834020-41
redaktion@euromedien.at

House of Cards in der Alpenrepublik

Im März 2020 erfasste die Corona-Pandemie Österreich. Die noch frische türkis-grüne Bundesregierung erhielt ihre Feuertaufe. Im März 2021, ein Jahr danach, ist jeglicher frische Wind in der Koalition verweht. Die Umfragewerte sinken und personell ist man längst am Limit. Doch mit der Lösung der wirtschaftlichen Probleme hat die Regierung die wirklich großen Herausforderungen noch vor sich. Ist sie dafür überhaupt gerüstet? Verkünden die Iden des März erneut bevorstehendes Unheil?

Von Stefan Rothbart

Mit großen Ambitionen, vielen frischen Ideen und entsprechenden Erwartungen ist die türkis-grüne Bundesregierung vor einem Jahr angetreten, um die politische Landschaft Österreichs zu verändern. Stark angefangen, stark nachgelassen – so lässt sich wohl die Wahrnehmung der meisten Österreicherinnen und Österreicher über die Arbeit der Regierungskoalition seither beschreiben. Dabei ist jegliche Beurteilung wenig fair, denn zweifelsfrei stand diese Regierung vor den bisher größten Herausforderungen seit dem Zweiten Weltkrieg. Dennoch ist ein vorläufiges Resümee der Regierungsperformance angebracht. Die Qualität der Politik hängt schließlich auch von der Kritik an der Politik ab.

Grüne treiben ÖVP

Nach einem Jahr grün-türkises Regierungsexperiment haben sich die Machtverhältnisse umgekehrt. Die Grünen treiben mit Themen die ÖVP intern vor sich her. Die Türkisen sind angeschlagen und stark in der Defensive. Plagiatsskandale erschütterten die Partei und führten zum Rücktritt von Ministerin Christine Aschbacher, einer Vertrauten von Bundeskanzler Sebastian Kurz. Wirtschaftsministerin Magarete Schramböck schoss einen Bock mit dem „Kaufhaus Österreich“ und der größte Kanzler-Intimus, Finanzminister Gernot Blümel, stolpert von einer Erinnerungslücke zur nächsten. Die Regierungsarbeit der Türkisen ist quasi gelähmt. Hinter den Kulissen diktieren die Grünen, wo es bei Hilfspaketen und Klimaschutzinvestitionen langgeht. Vizekanzler Werner Kogler ist dabei als einziger studierter Volkswirt (abgesehen von Neo-Minister Martin Kocher) der interne Taktgeber. Kogler, der eigentlich für Sport, Kultur und den öffentlichen Dienst zuständig ist, hat längst eine Referentenstelle für Wirtschafts-und Arbeitsmarktpolitik in seinem Kabinett eingerichtet. Das zeigt, wo die wirtschaftliche Intelligenzia in der Regierung eigentlich angesiedelt ist. Zuletzt wurde die ÖVP selbst massiv in den Ibiza-Sumpf und die Novomatic-Affäre hineingezogen, was die Grünen dafür nutzten, um dem angeschlagenen Koalitionspartner weitreichende Zugeständnisse im Justizbereich abzuringen. Sogar das Amtsgeheimnis soll nun zu Fall gebracht werden.

Grüne Superministerin

Mit Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) haben die Ökos zugleich die wichtigsten wirtschaftlichen Hebel in der Hand. Nicht nur dass Gewessler die meisten Geldmittel zur Verfügung hat, sie ist auch für Umwelt, Mobilität, Technologie und Innovation zuständig. Also praktisch für alle wirtschaftlichen, infrastrukturellen und industriellen Zukunftsthemen des Landes. Ob die politische Quereinsteigerin, die eigentlich aus der Aktivismus-Ecke kommt, dieser Aufgabenfülle gewachsen ist, darf man inzwischen skeptisch sehen. Mit der NoVA-Erhöhung hat sie jedenfalls kein Glanzstück abgeliefert. Das wichtige Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) soll den Turbo für die Energiewende zünden. Doch das Gesetz hängt in der Begutachtung fest. Investoren sitzen längst auf Nägeln. Auch das 1-2-3-Ticket hängt in der Schleife. Bisher konnte Gewessler nur im Bahnausbau Erfolge verbuchen, ansonsten ist man zu überhastet ans Werk gegangen und hat das Pferd von hinten aufgezäumt. Für die Energiewende fehlen mit der Energiewirtschaft abgestimmte Strategiepläne und die Komplexität der Thematik (etwa auch in der Raumordnung) wird erst nach und nach begriffen. Der Druck auf Leonore Gewessler wird in den kommenden Monaten noch steigen. Ihr Superministerium ist für den Konjunkturaufschwung nach Corona von zentraler Bedeutung, doch die Performance muss sich verbessern, vor allem die Abstimmung mit der Wirtschaft. Die Grünen müssen eine Klimapolitik abseits von Verboten und simplifiziertem Klimaaktivismus entwickeln.

Alles lesen? Hier geht's zum ganzen Artikel in der aktuellen Ausgabe der Wirtschaftsnachrichten Donauraum

Foto: iStock.com/frantic00

Mehr aus dem Donauraum erfahren?

No comments

leave a comment