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Stresstest für den Föderalismus


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Föderalismus

Die Pandemie unterzieht jede Staatsorganisation einem Stresstest und offenbart deren Nachteile, aber auch die Pluspunkte, sagt Föderalismusexperte Peter Bußjäger. Das gilt auch für den österreichischen Föderalismus.

Von Ursula Rischanek

Österreich ist ein Land großer Unterschiede – das gilt nicht nur für die Geografie. Gerade in den vergangenen 14 Monaten hat sich gezeigt, dass auch der Umgang mit der Pandemie in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt wird. Nach einer ersten Schockstarre im Vorjahr ist die Einheit zwischen Bund und Ländern relativ rasch gebröckelt, wie etwa das Scheitern der „Corona-Ampel“ gezeigt hat. Auch bei der Test- und Impfstrategie beziehungsweise der Anmeldung zur Impfung gehen die Bundesländer verschiedene Wege – mit unterschiedlichem Erfolg. Und wenn es sich irgendwo spießt, wird der Schwarze Peter sofort der jeweils anderen Seite zugeschoben.

Keine Krise als solche

Deshalb könne man aber nicht von einer Krise des Förderalismus als solcher reden, sagt der Föderalismusexperte Peter Bußjäger, Professor an der Universität Innsbruck: „Die Pandemie unterzieht weltweit jede Staatsordnung einem Stresstest und zeigt die Vor- und Nachteile derselben.“ In föderalistisch aufgebauten Staaten liege letzterer darin, dass sich die Zentralgewalt bei der Durchsetzung von Vorgaben schwerer tue. Das sei in Österreich allerdings insofern erstaunlich, da hier der Bund sehr wohl die Kompetenzen dafür hätte. „Eigentlich hat der Bund bei uns rechtlich eine beherrschende Stellung, da ihm das Bundes-Verfassungsgesetz die entsprechenden Kompetenzen einräumt. Aber er macht davon keinen Gebrauch“, sagt Bußjäger. Denn realpolitisch seien die subnationalen Einheiten deutlich machtvoller, der Bund müsse daher das Einvernehmen suchen. Er könne Maßnahmen zwar rechtlich anordnen, die Umsetzung derselben obliege jedoch vielfach den Bezirksverwaltungsbehörden als Gesundheitsbehörden. Diese wiederum seien organisatorisch dem Landeshauptleuten oder bei Städten mit eigenem Statut dem Bürgermeister unterstellt. Als Vorteil habe sich allerdings beispielsweise erwiesen, dass aufgrund der guten Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern die immerhin österreichweit rund 80 Gesundheitsbehörden aktiviert werden konnten, so Bußjäger. Aber es wäre wahrscheinlich trotzdem zu Unterschieden in der Umsetzung gekommen.

Laufend in der Kritik

Auf Kritik stößt der Föderalismus aber nicht erst seit der Pandemie. Immer wieder werden beispielsweise auch die neun unterschiedlichen Jugend- oder Naturschutzbestimmungen oder Bauordnungen kritisiert. Doch Bußjäger sieht darin sehr wohl auch einen Vorteil: „Das Potenzial des Föderalismus liegt darin, dass der föderale Wettbewerb Innovationen herbeiführen kann“. Voraussetzung sei, dass der Föderalismus auch gelebt werde. „Ich würde mir vonseiten der Länder mehr Offensive und ein rascheres Reagieren auf Herausforderungen wünschen. Beim Klimaschutz wäre das über die Raumordnung möglich“, sagt Bußjäger, der dafür eintritt, dass die Länder mehr Steuerautonomie als bisher erhielten und nicht auf den Finanzausgleich angewiesen seien. „Sie sollten nicht nur für die Ausgaben, sondern auch für Einnahmen verantwortlich sein“, so Bußjäger. Die immer wieder zu hörende Vermutung, dass die Verwaltung in föderalistischen Staaten teurer käme als in zentralistischen, könne ebenfalls verneint werden. „Dabei kommt es auf die individuelle Ausgestaltung an. Aber wenn man Österreich betrachtet, so liegen wir mit unseren Verwaltungskosten im internationalen Vergleich im Mittelfeld“, sagt Bußjäger. Natürlich sei Luft nach oben genauso wie bei der Effizienz oder der Digitalisierung.

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Foto: iStock.com/Flavio Vallenari

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