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Lob„autsch“


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Lobautunnel

Der Disput rund um den Lobautunnel ist nun eskaliert. Das Klimaministerium sagt den Bau ab. Rechtlich heikel, denn nun drohen Klagen. Eine Alternativplanung ist nicht in Sicht. Klimaschutz hin oder her, aber genau so darf Infrastrukturpolitik nicht ablaufen. Eine Farce in mehreren Akten.

Von Stefan Rothbart

Größere Infrastrukturprojekte haben es in Österreich schwer. Immer öfter scheitern sie am Widerstand aus Politik oder Bevölkerung. Jüngstes Beispiel: der Lobautunnel in Wien. Das umstrittene Projekt, das Teil der Wiener-Außenring- Schnellstraße (S1) sein sollte, wurde Anfang Dezember von Klimaministerin Leonore Gewessler abgesagt. Alle Planungs- und Baumaßnahmen werden eingestellt, verkündete die Ministerin. Nach rund 20-jähriger Planung verabschiedet sich das umstrittene Projekt ohne Alternative in die Versenkung. In einem 150-seitigen Bericht haben Experten des BMK, des Umweltbundesamtes und der ASFINAG das Projekt evaluiert und für „überholt“ erklärt.

Wien steigt auf die Barrikaden

Diese Entscheidung ist vor allem für Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) bitter. Am Lobautunnel hängt viel Geld dran. Es geht schlicht um die Perspektiven der Stadterweiterung im Nordosten Wiens. Die Aufschließung der Seestadt Aspern für den Individualverkehr dürfte somit schwierig werden. Ludwig kündigte gemeinsam mit dem Land Niederösterreich (auch die S34 im Traisental soll nicht gebaut werden) rechtliche Schritte an. Monatelange Protestaktionen von Umweltschützern haben die mediale Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Doch ein großer Teil der Wiener Bevölkerung steht dem Lobautunnel auch positiv gegenüber – vor allem, weil dieser eine Verkehrsentlastung der Innenstadt gebracht hätte. Bürger- meister Ludwig ist sich daher auch sicher, dass die Mehrheit der Wiener den Tunnel befürwortet, und denkt nun eine Volksbefragung an.

Infrastrukturplanung ad absurdum

Bodenschutz und Naturschutz sind hoch einzuschätzende Interessen, der Erhalt der Lobau ein nobles Ziel. Doch ging es wirklich darum? Klimaministerin Gewessler beweist mit der Vorgehensweise zumindest eines: nämlich, dass sie für Infrastrukturpolitik kein glückliches Händchen hat. Projekte, die 20 Jahre geplant werden, in letzter Sekunde abzusagen, ist kein konstruktiver Ansatz. Das ist Aktivismus. Völlig vergessen wird anscheinend, dass wesentliche Planungsinteressen der Stadt Wien seit Jahren auf den geplanten Verkehrslösungen aufbauen. Eine vernünftige Stadtentwicklung ist nur möglich, wenn man sich darauf verlassen kann, dass Projekte auch durchgezogen werden. Das Projekt Lobautunnel war bereits Ergebnis einer umfassenden Evaluierung unter Berücksichtigung von Umweltinteressen und wurde seinerzeit als beste Variante von 25 Vorschlägen ausgewählt. Auch die Wiener Grünen haben das Projekt in entscheidenden Phasen immer wieder mitgetragen. Bei der Pressekonferenz begründete Ministerin Gewessler die Entscheidung folgendermaßen: Im Jahr 2021 könne man nicht mehr „mit gutem Gewissen“ sagen, man baue eine Straße durch ein Naturschutzgebiet. Sie wolle in 20 oder 30 Jahren nicht zurückschauen müssen und erkennen: „Mir hat der Mut gefehlt.“ Das ist eine Argumentation, die man immer und auf jedes Projekt anwenden kann. Die Frage ist, ob man als Ministerin bereit ist, einen notwendigen Kompromiss zu akzeptieren. Es nagt sehr an ihrer Glaubwürdigkeit, wenn sie sagt, sie überlege sich nun Alternativen. Diese wurden bereits jahrzehntelang geprüft. Der Lobautunnel war der umweltverträglichste Vorschlag. Sich darauf auszureden, dass die Evaluierung von Experten erfolgt sei, ist scheinheilig, denn das wurde die Planung des Lobautunnels auch. Inklusive positiver UVP-Prüfung. Die Frage ist immer, welche Experten sind politisch genehm. Anti-Auto-Lobbyisten vertreten dabei Extremansichten. Ein Ministerium kann sich aber nicht primär darauf stützen. 150 Millionen Euro, die bereits in die Planung geflossen sind, hat Gewessler nun für nichts versenkt.

Politik für Lobbyisten

Mit diesem Vorgehen führt Gewessler die Infrastrukturpolitik ad absurdum. Sie betreibt Klientelpolitik für Umwelt-NGOs, die in ihrem Ministerium wie im Taubenschlag ein- und ausgehen. Leitende Beamte im eigenen Ministerium, die seit Jahren mit der Projektplanung beschäftigt sind, werden offenbar ignoriert. Demokratische Beschlüsse auf Zuruf von Aktivisten und NGOs abzusagen, wird der komplexen Materie nicht gerecht. Transparenz und Dialog gehen dabei völlig verloren. So macht sich der Bund zum Antagonisten der Bundesländer und nicht zum Partner. Was die Grünen jahrelang in der Opposition bekrittelt haben, nämlich dass Lobbyisten in den Ministerien ein- und ausgehen und Klientelpolitik betrieben wird, machen sie nun selbst. Nur die Lobbys und die Klientel haben sich geändert.

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Foto: BKA/Andy Wenzel

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