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Der Fall Türkis-Grün


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House of Cards in der Alpenrepublik

Das türkis-grüne Regierungsprojekt war mit vielen Hoffnungen verbunden und sollte frischen Wind in die verstaubte österreichische Innenpolitik bringen. Nach dem Ibiza-Skandal sollte ein politischer Aufbruch folgen. Dann kam die Corona-Pandemie und seither befindet sich die Regierung im dauerhaften Krisenmodus. Zur Halbzeit der Regierungsperiode ziehen wir Bilanz. Der Hoffnung ist Ernüchterung gewichen. Welche Perspektiven haben ÖVP und die Grünen noch?

Von Stefan Rothbart

Die neuesten Umfragewerte zeigen einen eindeutigen Trend auf, die Zustimmung zur türkis-grünen Regierung ist im Sinken begriffen. Nur mehr rund ein Drittel der Stimmen kann die Koalition aktuell für sich gewinnen. Zu Spitzenzeiten während der Corona-Pandemie waren es beinahe 60 Prozent. Der Abwärtstrend der Regierungsparteien hat sich in den letzten Monaten manifestiert und es ist sehr unwahrscheinlich, dass sich dies bis zur Nationalratswahl 2024 noch signifikant drehen wird. Damit ist eine Fortsetzung des türkis-grünen Projekts aus heutiger Sicht ebenso unwahrscheinlich. Aus diesem Grund ist zu erwarten, dass die Koalition aus reinem Pragmatismus bis zum bitteren Ende weitermachen (manche würden „weiterwurschteln“ sagen) wird. Die zwischenzeitlichen Neuwahltendenzen zerstreuen sich zunehmend. Das Zeitfenster dafür schließt sich bis zum Sommer. Gerüchte, wonach im Herbst gemeinsam mit dem Bundespräsidenten auch ein neuer Nationalrat gewählt werden könnte, haben sich bislang nicht erhärtet. Nachdem Alexander Van der Bellen ein erneutes Antreten zur Bundespräsidentschaftswahl angekündigt hat, dürfte es keine großen Überraschungen geben. Die Grünen wollen den Wahlkampf ihres einstigen Parteichefs erneut mit rund einer halben Million Euro finanzieren, da ginge sich finanziell ein Nationalratswahlkampf parallel wohl eher nicht aus. Die halbwegs unaufgeregte politische Phase im Herbst wird man daher nützen, um doch noch irgendwie das Regierungsprogramm abzuarbeiten, denn spätestens 2023 wird die Republik wieder in einen Dauerwahlkampf übergehen, stehen doch mit Niederösterreich, Tirol, Kärnten und Salzburg wichtige Landtagswahlen an, bei denen es für die ÖVP und die Grünen durchaus um viel gehen wird.

Politischer Zeitgeist hat sich gedreht

Wer sich mit Wahlkampfforschung beschäftigt, weiß, dass die entscheidenden politischen Themen bereits lange vor dem eigentlichen Wahlkampf gesetzt werden und vom politischen Zeitgeist beeinflusst sind. 2017 war die Nationalratswahl vom Thema Massenmigration geprägt, was ÖVP und FPÖ für sich nutzen konnten und die Grünen in der Versenkung verschwinden ließ. 2019 katapultierte der Klimahype rund um Greta Thunberg die Grünen früher als erwartet wieder ins Parlament und in weiterer Folge sogar in die Regierung. Nach zwei Jahren Dauerkrise durch Pandemie und Ukraine-Krieg sind soziale und wirtschaftspolitische Themen wieder in den Vordergrund gerückt. Teure Energiepreise, gestiegene Lebenshaltungskosten und eine weiterhin unsichere wirtschaftliche Gesamtlage spielen nun eher wieder der SPÖ in die Hände. Diese politische Großwetterlage wird anhalten und jüngste Aussagen von Kanzler Karl Nehammer, er wolle Gewinne bei Energieunternehmen abschöpfen, sowie der ÖVP-Regierungsumbau zeugen davon, dass man sich bei der Volkspartei auf die veränderte Themenlage einzustellen beginnt.

Grünes Dilemma

Die Grünen hingegen haben das Problem, dass sie mit der Verteuerung von Treibstoffen, Energiepreisen und Co. in Verbindung gebracht werden, auch wenn dieser Zusammenhang so nicht ganz haltbar ist. Dennoch, in der allgemeinen Wahrnehmung sind es Maßnahmen wie eine CO2-Besteuerung, NoVA-Erhöhung und dergleichen, die zu einer Verteuerung beitragen. Die vielen Umverteilungsmaßnahmen wie Energiegutschein oder Klimabonus werden nicht so honoriert, wie man sich das in der grünen Parteizentrale vielleicht denkt. Der Herbst könnte für die Grünen politisch sehr heiß werden. Dreht nämlich Putin wirklich in absehbarer Zeit das Gas ab, dann steht Energieministerin Leonore Gewessler vor der alles entscheidenden Nagelprobe; nämlich ob ihre Maßnahmen zur Energiesicherheit ausreichend sein werden. Hier werden Bevölkerung als auch der politische Mitbewerber selbst den kleinsten Fehler nicht verzeihen.

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Foto: BKA/Schrötter

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