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Reform des Energiemarktes


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Mehr Wettbewerb und Transparenz

Aufgrund der immensen Teuerung von Strom und Gas werden Rufe nach einer Reform des Energiemarktes in Europa immer lauter. Am 9. September trafen sich die EU-Spitzen erstmals zu einem Arbeitstreffen. Reichlich spät. Bereits seit Ende 2021 sind die Preise an den Strombörsen im Aufwärtstrend. Eine Umstellung des Energiemarktes ist aber ein sehr komplexes Unterfangen.

Von Stefan Rothbart

Als Ende August dieses Jahres die Wien Energie über Nacht Finanzierungsprobleme meldete und prompt Milliardengarantien von der Bundesregierung einforderte, wurde vielen erst bewusst, was an den Strommärkten eigentlich wirklich los ist. „Verrückte Märkte“, „Wildwest-Mentalität“ oder „Strom-Chaos“ sind Ausdrücke, die man in diesen Tagen von Stromeinkäufern zur Lage an den Strombörsen hört. Inwiefern das Riskmanagement der Wien Energie versagt hat, wird noch zu klären sein. Auch welche Mithaftung der Wiener Stadtregierung dabei zukommt. Was aber im Grunde wirklich vorgefallen war, lässt sich nicht so einfach mit Spekulation abtun. Die Wien Energie hat gemacht, was fast alle machen. Der Fehler liegt auch im System selbst.

Marktausschläge lassen Riesen wanken

Am Freitag, dem 26. August 2022, schossen die Preise für Strom an der EEX, der Leipziger Strombörse, weit über 1.000 Euro pro Megawattstunde hinaus. Das war ein kurzfristiger Anstieg um 40 bis 50 Prozent. Um an der Strombörse handeln zu können, müssen von Energiekonzernen Sicherheitsgarantien, sogenannte Margins, hinterlegt werden. Da an der EEX Strom für den langfristigen Bedarf gehandelt wird, muss mit dieser Sicherheitseinlage die Bonität eines Unternehmens garantiert werden. In normalen Zeiten ohne große Preisschwankungen sind solche Margins für große Energieunternehmen kein Problem. Schwanken die Preise aber stark, dann steigen kurzfristig die nötigen Sicherheitsgarantien an. Diese müssen dann rasch aufgestockt werden, wenn man weiter handeln will. Ansonsten wird der Trade geschlossen und der Verlust für das Unternehmen realisiert. Letzteres hätte der Wien Energie vermutlich das Genick gebrochen. Daher war nur die Aufstockung der Sicherheitsgarantien eine Option. Too big to fail. Auch andere große Energiefirmen wie Uniper in Deutschland haben aktuell dieselben Probleme. Neben der EEX in Leipzig gibt es auch noch die EPEX in Paris, die sogenannte Spot-Strombörse für kurzfristigen Stromhandel. Während in Leipzig beispielsweise Strom für das nächste Jahr eingekauft wird, der physisch noch nicht erzeugt wurde, kauft man in Paris für den nächsten Tag ein. Am Spotmarkt in Paris gibt es eigentlich kaum Möglichkeit zu spekulieren. Die Regularien sind hoch und man handelt physisch bereits erzeugten Strom, der am nächsten Tag ausgeliefert wird. Die Chancen, sich zu verspekulieren, sind an der EEX in Leipzig ungleich höher, weil aktuell niemand den Strompreis für das nächste Jahr vorhersehen kann. Große Energieversorger müssen aber über mehrere Jahre Stromkontrakte kaufen, um die Versorgung zu garantieren. Nur an der EPEX in Paris zu handeln würde keine Versorgungssicherheit bringen. Dieses europäische System der Strombörsen, an denen sowohl Strom gekauft als auch verkauft wird, funktioniert in normalen Zeiten recht gut und garantiert einen gewissen Wettbewerb. In Krisenzeiten ist es aber massiv anfällig. Dass die EU-Kommission die Gefahren für den europäischen Strommarkt nicht bereits im März 2022 erkannte, zeigt, dass die Politik mit der Komplexität der Märkte überfordert ist.

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Foto: iStock.com/ollo

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