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Zankapfel Arbeit


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Arbeitsmarkt

Wie viel Arbeit muss sein, dass der Wohlstand des Landes erhalten bleibt? Wirtschaftsminister Martin Kocher hat eine wichtige Diskussion entfacht, die allerdings unzulänglich geführt wird. Es ist nicht zielführend, die eine gegen die andere Arbeitsform auszuspielen. Attraktive Arbeitsplätze und eine zeitgemäße Unternehmenskultur führen zu mehr Vollzeit.

Von Siegfried Hetz

26 Prozent der Beschäftigten in Österreich denken daran, wie jüngst gemeldet, ihren Job in den kommenden drei bis sechs Monaten zu wechseln. Das ist eine Ansage, die dem Wirtschaftsminister wenn schon keine schlaflosen Nächte, dann doch zumindest ein Bauch[1]grummeln bereiten müsste. Aber die Beschreibung passt ins Bild der Gesamtdarstellung des österreichischen Arbeitsmarktes, der sich als eine Baustelle präsentiert, auf der allerdings nicht viel los ist. Das liegt in der Hauptsache daran, dass die Strukturen schon seit Längerem festgefahren, um nicht zusagen einzementiert, sind. Die nunmehr hinter uns liegende Corona-Pandemie hat nur vordergründig etwas Bewegung in das starre System gebracht. Die Stichworte dazu lauten Homeoffice, vermehrte Teilzeit und vorübergehende Kurzarbeit. Davon geblieben ist allem Anschein nach ein spürbarer Wechsel von Vollzeitarbeit in Teilzeit-Verhältnisse. Das war zum einen pandemiebedingt, zum anderen aber ist es ein Ausdruck von Unzufriedenheit dem aktuellen Arbeitsplatz gegenüber. Außerdem haben die Pandemie-Jahre unter Beweis gestellt, dass es offensichtlich auch ohne laufenden Turbobetrieb funktioniert. Aber eben nur vordergründig. Auf diesen Missstand wies Wirtschaftsminister Martin Kocher vor ein paar Wochen hin, übrigens völlig zu Recht, nur in der Form etwas patschert. Der Aufschrei ließ nicht lange auf sich warten und hatte vor allem alleinerziehende Mütter im Fokus. Ob das gewollt war, wissen wir nicht, ist auch nicht von Bedeutung.
Was unserem Arbeitsmarkt aktuell fehlt, ist Flexibilität. Die wirklich große Herausforderung liegt ja nicht im Aufräumen nach Corona und dem Bemühen, die „Arbeitsmoral“ wiederherzustellen, sondern in der Antwort auf den gravierenden Umbruch dessen, was wir als Arbeitswelt zu beschreiben gewohnt sind. Die Antwort liegt in neuen Instrumentarien für zukünftige Arbeitszeitregulierungen, bei denen die Vier-Tage-Woche wohl nicht mehr wegzudenken ist. Das bedeutet aber auch gleich den Abschied von der 40- Stunden-Woche als Grundlage aller Zeit[1]und Vergütungsberechnungen. Und sie hat, so die einhellige Meinung der Expertinnen und Experten, ihre Legitimation auch bereits verloren. Arbeits- und Betriebsabläufe verändern sich fortlaufend und in einem rasanten Tempo, das unablässig Flexibilität einfordert. Diese neue Arbeitswelt ist zusehends weniger zeit-, sondern vielmehr projektgebunden ausgerichtet. Wenn die Fiktion, wonach starr festgelegte Arbeitszeiten noch richtungsweisend sind, erst einmal verabschiedet ist, kann weitergedacht werden. Die veralteten Normen müssen abgelöst werden.

Vollzeit versus Teilzeit

Von einer Vollzeit-Beschäftigung ist dann die Rede, wenn die wöchentliche Arbeitszeit 40 beziehungsweise 38,5 Stunden umfasst. Alles, was vom reinen Zeitaufwand darunter liegt, wird als Teilzeit definiert. Selbst eine kompakt strukturierte und höchst effiziente Arbeitswoche mit 35 Stunden wird als Teilzeit wahrgenommen. Die Absurdität springt ins Gesicht.
Jetzt, da die Boomer-Generation nach und nach aus dem aktiven Arbeitsleben ausscheidet, wird offensichtlich, was sich im Schatten dieser „Arbeitstiere“ entwickelt hat: Die nachfolgenden Generationen haben sich vom Lebens- und Arbeitsmodell ihrer Eltern und Großeltern losgesagt und zudem eine Arbeitswelt vorgefunden, die sie über einen längeren Zeitraum nur mit Praktika und befristeten Arbeitsverträgen versorgt hat. Um später nicht in die Tretmühle „der Alten“ zu tappen, hatte die Forderung einer ausgewogenen Work-Life-Balance fast schon etwas Religiöses. Und man konnte es sich leisten, weil die vorangegangenen Generationen Vermögen akkumuliert haben, das den Nachkommen auch schon zu Lebzeiten zugutekam. Deshalb hatten nicht volle Arbeitsverpflichtungen Konjunktur.

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Foto: iStock.com/Andrey Popov

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